corona in hamburg: „Die Lücke mit Gesang füllen“
Unter dem Motto „#heimspiel“ bieten Musiker*innen der NDR-Ensembles individuelle Online-Coachings an.
Interview Michelle Bauermeister
taz: Herr Csizmár, kann jeder Mensch Singen lernen?
Dávid Csizmár: Auf jeden Fall. Singen ist wie Sprechen. Wenn jemand ein funktionierendes Instrument im Hals hat, also Stimmbänder, dann ist das absolut möglich. Ich bin sehr dafür, dass jeder mit Singen anfängt, der dazu Lust und ein bisschen Mut hat. Angesichts der aktuellen Situation ist Singen auch eine Art Selbsttherapie.
Sie bieten individuelle Online-Coachings an. Wer meldet sich dafür an?
Das ist sehr unterschiedlich. Es sind Leute, die mal Musik gemacht, aber noch nie gesungen haben. Ein extremes Beispiel war eine Lehrerin, die nach sprecherzieherischen Tipps für ihre Lehrtätigkeit gefragt hat. Natürlich habe ich zugestimmt. Ich bin Sänger und ich kann das vom Gesang aus steuern. Sie hat sehr schön gesungen und hatte viel Spaß. Es war nicht genau das, was sie wollte, aber sie kann es sicher in der Praxis für sich nutzen. Es gibt auch Personen, die Musik studieren. Meistens sind das Lehramtsstudent:innen, die gerne in diesen leeren Zeiten üben möchten. Es melden sich auch Laienmusiker:innen, die versuchen diese Lücke mit Gesang zu füllen.
Wie war Ihre erste Probe?
Dávid Csizmár, 39, ist Sänger des NDR-Chores in Hamburg.
Das Technische ist das einzige Problem. Skype ist praktisch, aber nicht unbedingt für Gesang. Musik lebt vom Atemholen. Und beim Gesang ist das besonders wichtig. Ich muss sehr darauf achten, was auf der anderen Seite passiert. Ich kann zuhören und korrigieren. Aber online ist die Qualität schlechter als live. Es ist eine fünfzigprozentige Effektivität.
Als Musiker sind Sie zurzeit ausgebremst. Wie gehen Sie damit um?
Es ist schwierig. Persönlich empfinde ich es so, als wäre meine Sommerpause vorgezogen. Das Problem ist, dass die Sommerpause kommt und ich nicht weiß, was bis dahin passiert und wann ich wieder auf die Bühne darf. Normalerweise habe ich jetzt sehr viele Soloangelegenheiten. Die fallen jetzt alle aus. Das ist für mich als Künstler sehr bitter. Aber ich komme schon klar. Ich versuche mich mit Sachen zu beschäftigen, die ich sonst zeitlich nicht geschafft habe. Beispielsweise übe ich Instrumente wie Orgel und Chamberlin. Und natürlich singe ich jeden Tag. Aber das ist kein Ersatz.
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