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Der schönste Schnee zu Ostern

Im Herbst haben wir an dieser Stelle im Sinne der Selbstermächtigung darüber referiert, wie die Furcht vor Hefeteig zu bewältigen ist. Nun heran an den nächsten Angstgegner. Allez, allez: Es gibt Soufflé!

Die immerwährende Warnung, die Backofentür niemals zu öffnen, wenn ein Soufflé aufsteigt, ist berechtigt. Finger weg! Foto: Alex Majewski /mauritius images

Von Carola Rönneburg

Bis meine Mutter endlich einen elektrisch betriebenen Mixer besaß, gab es in unserem Haushalt ein kleines Handrührgerät. Man musste kurbeln, um ein Zahnrad in Bewegung zu versetzen, das dann zwei Quirle antrieb. Eiweiß schlagen war eine mühsame, langwierige Angelegenheit. „Ist es jetzt gut?“ Wann immer ich, als Kind durchaus kurbelversessen, den aktuellen Stand präsentierte, war es nicht gut, noch nicht gut, immer noch nicht gut. Am Ende musste immer meine Mutter die Schaumschlägerei übernehmen. Eischnee war aber wichtig: Er wurde unter den Pfannkuchenteig gehoben, lockerte die Quarkspeise auf und gehörte in den Käsekuchen. Kein Wunder also, dass meine Eltern mir, kaum dass ich von zuhause ausgezogen war, einen damals sicher teuren Handmixer von Krups schenkten, der übrigens heute noch im Einsatz ist.

Laienhaft gesehen, ist Eischnee ein Wunder, wissenschaftlich nicht. Ein Eiweiß besteht aus Wasser und Proteinen, die ein spezielles Verhalten an den Tag legen: Sie mögen Wasser und Luft gleichermaßen, außerdem sind sie entrollbar. Schlägt man Eiweiß auf – der Gastrosoph Carl Friedrich von Rumohr spricht 1832 noch von „gepeitschtem Eiweiß“ –, entknäulen sich die eigentlich sehr verwickelten, kugelförmig aufgerollten Proteine. Gleichzeitig geraten durch das Aufschlagen Luftbläschen in die Flüssigkeit. In dieser Zone, in der Grenzschicht zwischen Luft und Wasser, lagern sich die Proteinmoleküle besonders gern an und stabilisieren die Luftbläschen. Damit ein fester Schaum entsteht, sind allerdings sehr viele und vor allem kleine Luftbläschen nötig. Das passiert durch die Dauer des Schlagens – die anfangs großen Blasen werden kleiner und kleiner und bilden schließlich ein solides Netzwerk. Kleine Mengen von Zucker oder Salz, in der Mitte der Einpeitscherei hinzugegeben, verstärken es. Dann schalten Sie bitte Ihren Ofen auf 180 Grad.

Theoretisch wie praktisch kann das schöne Gebilde auseinanderfallen, wenn es zu lange bearbeitet wird. Tatsächlich passiert das aber nur denen, die den Prozess nicht beobachten oder Hochleistungsgeräte benutzen. Wer Handrührer oder Küchenmaschine in kurzen Schritten auf Volldampf bringt und so wieder herunterfährt, schont übrigens den Motor.

Der Eischnee, den wir wollen, enthält alle Luftbläschen, die wir unterbringen können. Er ist sozusagen schnittfest, und wenn wir das Gefäß, in dem wir ihn geschlagen haben, auf den Kopf stellen, rinnt kein Wasser herunter. Er ist perfekt und hat sich, gemessen am Ausgangsvolumen, mehr als vervierfacht.

Jetzt kommt diese tolle Masse zum Einsatz, und zwar bei einem Gericht, an sich viele nicht trauen: Soufflé. Ein Soufflé ist ein schnell zubereitetes Gericht, das süß oder salzig daherkommen kann. Die Grundzutaten für ein süßes Soufflé sind Butter, Zucker, Milch, Mehl und, nach Meisterkoch O. Kahn: „Eier, wir brauchen Eier!“ Benötigt wird außerdem eine backofentaugliche Form von etwa 16 Zentimeter Durchmesser und sechs Zentimeter Höhe, gebuttert und gezuckert. Wer die nicht zur Hand hat, verteilt das Soufflé lieber auf kleinere Formen und nimmt auf keinen Fall die klassische große Springform.

Das Prinzip für ein Vierpersonengericht: Man verrührt 60 Gramm Zucker, 45 Gramm Mehl und vier Esslöffel Mehl und bringt einen Viertelliter Milch zum Kochen. Ein Schubs der Milch kommt zum Verrührten, das wiederum sachte in den Milchtopf geht, und zwar beständig geschlagen. Das ist kein Aufwand, denn hier geht es nicht um Luftbläschen, sondern um eine homogene Masse. 20 Gramm Butter unterschlagen. Das war’s vorerst, denn nun muss alles abkühlen. Das dauert etwa eine Viertelstunde, aber solange es noch kühl ist, kann man den Topf auch auf den Balkon oder das Sims stellen und sich sicherer fühlen. Als nächstes fügen wir schließlich vier Eigelbe hinzu, und die reagieren empfindlich auf Hitze.

Meisterkoch O. Kahn zum Ostergebäck: „Eier, wir brauchen Eier!“

Bis heute ist nicht geklärt, warum Eigelbe in dieser Phase nicht gesamt, sondern nacheinander untergerührt werden sollen. Der wunderbare Physiker Hervé This-Benckhard vermutete, dass die Zugabe einzelner Eigelbe bloß Einfluss auf die Temperatur hätten. Es mag aber auch sein, dass es schlicht ums gründliche Verrühren geht, immerhin sehen Rezepte für Rührkuchen ein gleiches Prozedere vor. Wie auch immer: Bis man es selbst besser weiß und erklären kann, ist sklavische Unterordnung manchmal die bessere Lösung. Heißt: Wir rühren brav eines von vier Eigelben nacheinander unter und geben dann Aromen zu. Das ist kein Aufwand, denn hier geht es nicht um Luftbläschen, sondern um eine homogene Masse.

Nun geht eigentlich alles: Nüsse, Obst, Saft oder Alkohol. Entscheidend ist, dass nicht zu viel Flüssigkeit das Werk verdirbt, sonst kommt das Soufflé mit Bodensuppe aus dem Ofen. Für einen ersten Versuch bietet sich unbehandelte Zitrone an: Den Saft einer kleinen, halben Zitrone zugeben sowie etwas Abrieb der Schale. Auch probat für erste Schritte: Etwas Orangenabrieb und drei Esslöffel Grand Marnier.

Und nun der Eischnee. Sollten Sie enthusiasmiert meinem Text gefolgt sein, prüfen Sie bitte, ob er noch fest und perfekt ist. Heben Sie ihn vorsichtig unter die Teigmasse. Vorsichtig heißt, Sie sollen die Luftbläschen nicht zerstören, also gehen Sie die Sache gemächlich an. Danach aber soll das alles fix in den Ofen und ist nach 20 Minuten fertig. Wer noch einen alten Herd besitzt und die Entwicklung nicht beobachten kann, muss durchhalten. Alle anderen können mit Blick durch das Glasfenster zusehen, wie das Soufflé aufgeht. Die immerwährende Warnung, die Backofentür niemals zu öffnen, wenn ein Soufflé aufsteigt, ist berechtigt. Finger weg! Allerdings stimmt es auch, dass ein Soufflé einknickt, wenn es erst einmal den Backofen verlässt. Nicht traurig sein: Es schmeckt so gut.

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