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Hanf-Hype

CBD-Öl wird aus THC-armem Nutzhanf gewonnen und in Form unterschiedlichster Produkte angeboten. Was ist dran am Trend?

Von Ansgar Warner

Hanf ist in, in vielfältiger Form – erst recht seit dem Boom von „Nutzhanf“-Sorten, die keine oder nur geringe Mengen des Wirkstoffs THC enthalten. Die einen kleiden sich in Textilien aus Hanf, die anderen streuen sich Hanfsamen aufs Müsli oder nutzen Hanföl in der Küche. Der neueste Trend betrifft jedoch Cannabidiol. Die kurz CBD genannte Substanz ist nur eine von mehr als 100 sogenannten Cannabinoiden, komplexen Kohlenwasserstoffverbindungen, die anders als THC nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, weil sie keine psychoaktive Wirkung haben. Dafür werden speziell CBD aber viele positive gesundheitliche Wirkungen zugeschrieben, etwa die Aktivierung des Immunsystems, antibiotische und entzündungshemmende Eigenschaften, eine beruhigende und schlaffördernde Tendenz.

Gewonnen wird CBD nur aus Teilen der Hanfpflanze – denn merke: „In den Blüten ist am meisten CBD drin, in den Blättern ein bisschen, in den Samen praktisch gar nichts“, so Philipp Ferrer von MyWeedo, einem bundesweit aktiven Portal für Hanfprodukte. Aus Hanfsamen gepresstes Öl kann allerdings gut als Trägersubstanz verwendet werden, um die fettlöslichen CBD-Moleküle aufzunehmen. Neben reinem CBD-Öl gibt es zudem „Vollextrakt“-Öle, die auch andere Cannabinoide enthalten, allerdings nur sehr wenig THC. Bekifft werden könnte man von dem Rohstoff für das Gesundheits- und Wellness-Produkt CBD jedenfalls nicht. „Der THC-Gehalt von Nutzhanf ist gesetzlich reguliert“, so Ferrer, „in Deutschland darf zum Beispiel nicht mehr als 0,2 Prozent in den Pflanzen enthalten sein.“ Die Rohstoffe der CBD-Produkte stammen aus ganz Europa, zu wichtigen Nutzhanf-Anbauländern zählen etwa Tschechien, Slowenien und Österreich, auch aus China werden THC-freie Cannabis-Pflanzen eingeführt. Deutschland selbst trägt dagegen eher wenig zur Versorgung mit dem nützlichen Gras bei, zumindest bis jetzt.

Die seit zwei bis drei Jahren aufkeimende Branche hat auf Basis des Nutzhanf-Anbaus eine ganze Palette von Produkten entwickelt, die unterschiedlichste Konsumformen ermöglicht. Portale wie Vaal, Nordic Oil und Bio CBD wachsen im Web wie Hanf auf dem Südbalkon. Vorbild sind die USA, wo sich bereits ein Milliardenmarkt entwickelt hat. Doch auch bei uns sind die Anbieter erfinderisch. So kann man das Öl etwa mit einer Elektrozigarette verdampfen, per Nachfüllkartusche mit einem speziellen Inhalator einatmen, in Kapselform schlucken oder äußerlich als Körperöl oder Creme anwenden. Sogar als Futterergänzung für Hund, Katze oder Pferd werden CBD-haltige Produkte angeboten.

Sind die Hanfbestandteile traditionelle Nahrungsmittel?

Die Verbraucher wissen das offenbar zu schätzen – die Nachfrage nach CBD-Konsumartikeln steigt auch in Deutschland stark an. Umfragen zufolge kennen mehr als 50 Prozent der Bundesbürger bereits CBD, zehn Prozent haben es schon probiert, davon wiederum sind drei Viertel zu regelmäßigen Nutzern geworden. Was CBD im menschlichen Körper kurz- und langfristig so alles bewirkt, ist bisher jedoch noch nicht so genau bekannt. Deswegen sehen Verbraucherschützer den aktuellen Trend kritisch, die Verbraucherzentralen halten CBD-Öle unisono für „nicht verkehrsfähig“ – denn es gebe keine verlässlichen Daten darüber, in welcher Menge die Einnahme von CBD gesundheitlich unbedenklich sei. Wo CBD im Körper andockt, weiß man jedoch. Der grundsätzliche Mechanismus wurde nämlich seit den 1990er Jahren intensiv erforscht. Seit der Entdeckung des „endocannaboiden Systems“ weiß man, dass Cannabis-Inhaltsstoffe inklusive CBD mit bestimmten Rezeptoren im menschlichen Körper in Wechselwirkung treten. Manche befinden sich im Gehirn, wo sie Einfluss auf Bewegungskoordination, Emotionen, Appetit oder das Gedächtnis ausüben. Andere Rezeptoren wiederum beeinflussen im gesamten Körper das Immunsystem, die Schmerzempfindung und Entzündungsreaktionen.

Reaktionen löst CBD jedoch auch im gesellschaftlichen Raum aus. Rund um die Nutzung der Cannabinoide tobt ein ordnungspolitischer Streit, der unter anderem mit der Novel-Food-Verordnung der Europäischen Union zu tun hat. Die große Streitfrage dabei lautet: Sind die Hanfbestandteile wie Blätter, Blüten oder Samen traditionelle Nahrungsmittel oder erst neu hinzugekommen und müssen somit reguliert und zugelassen werden? „Die Frage ist eigentlich Quatsch“, meint Ferrer, „schließlich weiß man doch, das Hanf schon seit der Antike von den Menschen intensiv genutzt wurde, auch als Nahrungsmittel.“ Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sieht das allerdings strikter – der Behörde zufolge müssen die CBD-Anbieter für ihre Erzeugnisse entweder einen Antrag auf Zulassung als Arzneimittel oder einen Antrag auf Zulassung als neuartiges Lebensmittel stellen. Die CBD-Branche umschifft diese formalen Klippen teilweise durch die Deklarierung ihrer Angebote als Wellness- und Kosmetikprodukt. Deswegen findet man zum Beispiel auf Aromaölen mit CBD-Anteilen den etwas merkwürdigen Hinweis: „Nicht zum Verzehr geeignet“. Um Aromaöl zu trinken, müsste man aber schon ganz schön bekifft sein.

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