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„We need to talk About Kevin“Ob es sich um einen Horrorfilm oder ein Familiendrama handelt, bleibt bei Lynne Ramsays Film „We need to talk about Kevin“ lange unentschieden. Die Reisejournalistin Eva (Tilda Swinton) hat ein Teufelskind zur Welt gebracht, das sich für die Lieblosigkeit der Mutter auf grausame Weise revanchiert. Das zerstört nicht nur das Leben ihrer Familie, Eva erntet Verachtung von der ganzen Gemeinde. Die fluiden Schnitte, in denen verschiedene Zeit- und Klangebenen ineinanderfließen, suggerieren dabei die subjektive Wahrnehmung Evas. Die Vorgeschichte ist so schmerzhaft, dass sie erst in fragmentierten Bildern erträglich wird. Ständig wird Eva von der Vergangenheit eingeholt. Einmal verpasst ihr eine Passantin eine schallende Ohrfeige, ein anderes Mal stoppt sie ein Junge im Rollstuhl auf der Straße. Es sind vereinzelte Vorkommnisse, doch sie stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Bildern von Evas Familie. Hier ist der Ursprung des Ereignisses zu finden, das der Film so sorgsam in seiner dissoziativen Montage versiegelt. Am Ende triumphiert die Metaphysik des Horrorfilms leider doch über den Biologismus des Familiendramas. in Filmkunst 66, fsk, Central, FT