: Die Rache des Militärs
Am Samstag erinnert das Bündnis „1918 unvollendet“ an die Opfer des Kapp-Putsches am 13. März 1920
Von Peter Nowak
„Im März 1920 putschten hier rechtsradikale Soldaten gegen die frei gewählte Regierung und schossen auf die zum Generalstreik versammelten Bürger. Drei der Schöneberger Opfer des Kapp-Putsches sind auf dem Friedhof Lindenhof bestattet.“ Diese Inschrift steht auf einer Bronzetafel am Kaiser-Wilhelm- Platz in Schöneberg. Auf diesem Platz wurden vor 100 Jahren insgesamt sieben Menschen erschossen, als sie sich den rechten Putschisten in den Weg stellten, die die Weimarer Republik beseitigen wollten.
Am 13. März 1920 marschierten Freikorps in Berlin ein und besetzten die Gebäude der Regierung. Sie waren bekannt und gefürchtet für die Morde an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und unzähligen Arbeiter*innen im Januar und März 1919. Einige der Soldaten trugen schon damals das Hakenkreuz an ihren Helmen. Ein Großteil der ArbeiterInnen, nicht nur in Berlin, reagierte auf die Nachrichten über den Putsch mit einen Generalstreik. „Bei dem Widerstand gegen den Kapp-Putsch handelt es um die erste Schlacht gegen den Faschismus in Deutschland“, erklärt Bernd Langer. Der Antifa-Chronist befasst sich seit etlichen Jahren mit der linken Geschichte außerhalb von Parteien und veröffentlichte dazu bereits zahlreiche Bücher.
Ihm ist es zu verdanken, dass die Toten des Kapp-Putsches nicht in Vergessenheit geraten sind. Noch immer sind nicht alle ihre Namen bekannt. Langer erzählt der taz, dass nach seinen Forschungen in den Tagen des Kapp-Putsches im Einzugsbereich von Großberlin etwa 90 Menschen ums Leben gekommen sind. 16 dieser Opfer kamen aus Hennigsdorf, 15 aus Adlershof, fünf aus Köpenick und neun aus Spandau. Als der Putsch vor allem wegen des Generalstreiks der ArbeiterInnen zusammengebrochen war, nahmen die Militärs Rache: Am Brandenburger Tor wurden 18 Menschen und an einer Barrikade am Kottbusser Tor zwölf Menschen erschossen.
Am Samstag erinnert das Bündnis „1918 unvollendet“ um 15 Uhr an die von den Militärs Ermordeten. Neben Bernd Langer gehören der Verdi-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg Frank Wolf sowie Claudia von Gelieu von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen zu den RednerInnen. Es soll auch gegen die aktuelle Gefahr durch rechte Netzwerke in Militär und Polizei protestiert werden. Zur Aktualität der Geschichte des Widerstands gegen den Kapp-Putsch wird Langer am 17. März um 19 Uhr auf einer Veranstaltung im „Aquarium“ in Kreuzberg informieren.
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