brief des tages:
Warten auf Weiterfahrt
„Das härteste Mittel“, taz vom 20. 3. 20
„Ich warte seit Samstag darauf“, weiterreisen zu können, sagt der Mann zu meinem Mann. Die Müdigkeit und Verzweiflung stehen ihm ins Gesicht geschrieben. Ansagen schallen aus den Lautsprechern am Pariser Flughafen Charle de Gaulle: „Le vol a été annulé. Nous sommes désolé.“ Nach Mindestabstand fragt hier keiner, die Wartenden stehen eng an eng in einer Warteschlange vor dem Airfrance-Schalter. Alle wollen nach Hause, Anspannung und Verzweiflug wachsen.
Das ist auch durch die immer wieder zusammenbrechende Telefonleitung spürbar. „Ich weiß nicht, wie das endet“, sagt mein Mann. Ich verstehe ihn kaum hinter seinem Mundschutz. „Vielleicht kannst du dir ein Taxi teilen“, rate ich. Züge und Busse fahren nicht mehr. „Vielleicht über Amsterdam …“, dann bricht die Leitung wieder zusammen, denn mein Mann ruft über das WLAN des Flughafens an. Ich bleibe zurück, ohne zu wissen, wann er kommt und ob er dann gesund sein wird. Ich versuche die Deutsche Botschaft in Frankreich und das Auswärtige Amt zu erreichen. Keine Warteschleifen mehr: Bei der Botschaft geht niemand ran, beim Auswärtigen Amt ist dauerhaft besetzt. Ich bin allein. Katharina Korell, Berlin
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