das portrait
: Hartmut Graßlfordert Klimaschutz schon seit den 80ern

Spricht nicht nur Wissenschaftsdeutsch: Hartmut Graßl Foto: Markus Scholz/dpa

„Warnung vor weltweiten Klimaänderungen durch den Menschen“ – als dieses Schreiben der Deutschen­ Physikalischen Gesellschaft 1987 gegen­ den Willen des Forschungsministeriums herausgegeben wurde, sorgte es für einen­ Medienwirbel­ und die Einrichtung des wissenschaftlichen Klimabeirats­ der Bundesregierung. Geschrieben­ worden war die eindrückliche Warnung­ vom Hamburger Physiker und Metereologen­ Hartmut­ Graßl.

Der Forscher, der nächste Woche seinen 80. Geburtstag feiert, wird noch heute als „Klimamahner“­ bezeichnet. Wenn der gebürtige Bayer eine Rede hält, rollt er auch nach 44 Jahren im Norden noch das R. In bürgerlicher Eleganz spricht er abwägend und etwas formell, ohne all zu sehr in physikalische Fachsprache abzudriften.

Trotz des professoralen Auftretens: Graßl ist mehr als ein Wissenschaftler. Schon viele vor ihm hatten den Zusammenhang von Treibhausgasen und Klima erkannt, doch Graßls Verdienst ist es, dass er früh die Öffentlichkeit suchte. 1990 veröffentlichte er mit „Wir Klimamacher. Auswege aus dem globalen Treibhaus“ ein explizit populärwissenschaftliches Buch.

Ebenso sehr setzt er auf die Verantwortung der Politiker: „Ohne die geht nix. Nur zu meinen, dass Bürgerinitiativen die Wende bringen, ist falsch“, betonte er bei einer Rede vor den „Schönauer­ Stromrebellen“, einem Energieversorger aus Bürgerhand, im Jahr 2017. „Ich habe Graßl als jemand kennengelernt, der um den Wert hoher wissenschaftlicher Standards weiß, aber davon überzeugt ist, dass die reine Wissenschaft allein nicht zur ,Sicherung der Klimasituation‘ führen wird“, schrieb Umweltwissenschaftler Hermann­ Ott in einer Würdigung zum 75. Geburtstag. Graßl arbeitete­ ständig an der Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft: Als Mitglied der Bundestags-­Enquête-Kommission zum Schutz der Erdatmosphäre, als Herausgeber einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift zur Klimaforschung, als Leiter des Weltklimaforschungsprogramms der UNO von 1994 bis 1999.

Dass er Klimaforscher werden würde – auch wenn es den Begriff damals noch nicht gab – darauf­ wies schon früh viel hin. Sein Hochschullehrer­ hatte schon in den 30ern zu Treibhausgasen geforscht, Graßl selbst fuhr als Student auf Expeditionen zu grönländischen Gletschern, als junger Forscher beschäftigte er sich mit Wolken und Meerestemperatur. Dem Thema ist er treu geblieben – bis heute schreibt er Beiträge für das Online-­Magazin Klimareporter, das er mit herausgibt. Konstanz ist auch privat seine Sache: Mit seiner jetzigen Frau ist er schon seit seinem 16. Lebensjahr­ zusammen. Lotta Drügemöller