: Griechische Proteste gegen Lager eskalieren
Nach schweren Zusammenstößen zwischen der Polizei und aufgebrachten Einwohnern der griechischen Inseln Lesbos und Chios mit Dutzenden Verletzten hat Regierungschef Kyriakos Mitsotakis den Abzug der Bereitschaftspolizei von diesen Inseln angeordnet. Mitsotakis lud zugleich alle Vertreter der Inseln der Nordägäis für den Donnerstagabend zu einem Treffen in Athen ein.
Die Inselbewohner lehnen den Bau neuer Lager für Migranten auf ihren Inseln ab und fordern, dass alle Migranten nach ihrer Registrierung zum Festland gebracht werden. Innerhalb von zwei Tagen waren bei Zusammenstößen mehr als 50 Einwohner und Polizisten verletzt worden.
Auf Lesbos gab es Verletzte, als Demonstranten Steine auf Polizisten warfen und diese mit Tränengas, Blendgranaten und dem Einsatz von Gummigeschossen reagierten. Auch auf Chios griffen Demonstranten Polizeibeamte an.In Mantamados, einem Dorf auf Lesbos nahe der Baustelle für ein neues Flüchtlingslager, versammelten sich aufgebrachte Bürger. Sie bewarfen Polizisten mit Steinen. Die Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei dauerten den ganzen Tag. Dabei seien zehn Demonstranten sowie Dutzende Polizeibeamte leicht verletzt worden, hieß es aus Polizeikreisen.
Auf Chios protestierten nach Polizeiangaben rund 2.000 Menschen. Eine Gruppe Demonstranten sei später in ein Hotel eingedrungen, wo Polizisten untergebracht waren, sagte ein Polizeisprecher. Die Eindringlinge hätten acht Beamte verletzt.
Die Proteste gingen auch am Donnerstag weiter. Viele Läden auf Lesbos blieben geschlossen.
Nach wochenlangen erfolglosen Gesprächen mit den örtlichen Behörden über die neuen Lager hatte die konservative Regierung am Montag Baumaschinen und Hunderte Bereitschaftspolizisten nach Lesbos und Chios entsandt und damit für breite Empörung gesorgt. Auf Lesbos, Chios und Samos traten die Bewohner am Mittwoch in einen Generalstreik.
Die Regierung in Athen will mit dem Bau von neuen abgeriegelten Flüchtlingslagern bis Mitte 2020 fertig sein. Die bestehenden Lager sollen geschlossen werden. In den neuen Einrichtungen sollen 20.000 Asylbewerber für eine Dauer von maximal drei Monaten untergebracht werden. Überdies sollen die Migranten die neuen Lager nicht mehr unkontrolliert verlassen können.
Der griechische Regierungschef Mitsotakis hat unterdessen Migranten ohne Aussicht auf Asyl vor einer Flucht nach Griechenland gewarnt. Das Geld, das diese Menschen an die Schleuser zahlten, nütze nichts, sagte Mitstakis in einer Fernsehansprache. Die Route führe nicht zum griechischen Festland oder nach Europa, sondern zurück in die Türkei.(dpa, afp, taz)
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