berliner szenen: Mit Lenny Kravitz in der Kneipe
Der Barmann spielt Lenny-Kravitz-Videos auf YouTube und erzählt mir von einer Nacht, in der er die Tochter von Lenny Kravitz getroffen habe. Irgendwo in den USA. Er erinnere sich auch, dass Lenny Kravitz die Tochter, als sie ein Jahr alt war, zu einem Konzert mitgenommen habe. Ich frage ihn, ob er auch dort gewesen war oder nur davon gehört hatte. Dann frage ich, wie alt die Tochter ist und ob sie wie der Vater Musik mache. Während er mir das alles erzählt, trinke ich ein Bier und esse ein Stück Quiche an der Theke. Ich bin schon müde, aber die Kneipe ist bei mir um die Ecke, und ich mag es, mir vor dem Schlafengehen die bizarren Geschichten anzuhören, die der Barmann gerne erzählt.
Im Raum nebenan wird ein Geburtstagslied gesungen. Eine junge Frau aus der Gruppe kommt für Sektgläser und Wasser. „How are you? What’s your name?“, fragt sie mich. Sie stellt sich vor und wir reden eine Weile miteinander. Sie drückt mir nicht die Hand, sondern sie streckt sie in meine Richtung, als würde sie wollen, dass ich ihre Hand küsse. Das mache ich nicht, aber ich überlege, mich zu den Feiernden zu setzen. Dazu fehlt mir dann aber die Energie und vielleicht der Mut. Ich bleibe da, wo ich bin, und bekomme weitere Details über Lenny Kravitz’ Tochter.
Die Frau von vorhin taucht irgendwann wieder auf und diesmal küsst sie mich im Vorbeigehen auf die Wange. Sie nennt mich „Juliana“ und scheint sich darüber zu freuen, dass ich noch da bin.
Später macht ein Rosenverkäufer seine Runde und ich kaufe eine rote Rose. „Sie ist für mich“, sage ich dem Barmann, weil er mich so fragend anguckt. Doch als ich mich auf dem Weg nach Hause mache, gebe ich der Frau die Rose und sage „Happy Birthday“, auch wenn ich gar nicht weiß, ob sie das Geburtstagskind ist.
Luciana Ferrando
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