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Archiv-Artikel

*andere zustände ermöglichen (*aze)

Die Kampagne „spot the touri“, hat *aze bekannt gemacht. Das politische Engagement der Gruppe geht aber über die Gentrifizierungsdebatte hinaus, im Ganzen sollen andere Zustände ermöglicht werden

*aze

■ Das Namenskürzel der Gruppe *aze steht für „andere Zustände ermöglichen“.

■ Die Gruppe im Netz: www.aze.blogsport.de

Mit ihrer Kampagne „Spot the touri“ hat die Gruppe „*andere zustände ermöglichen“ (*aze) seit einiger Zeit für neue Diskussionen in der gentrifizierungskritischen Szene und sogar darüber hinaus gesorgt. Mit farbigen Kampagnenplakaten und -flyern wollte *aze darauf hinweisen, dass in stadtpolitischen Debatten über das Verhalten von TouristInnen in Berlin mitunter fremdenfeindliche Töne angeschlagen würden. Den TouristInnen werde wie zuvor schon Schwaben oder sogenannten Yuppies zur Last gelegt, für Preiserhöhungen, Mietsteigerungen und Schließungen von Tante-Emma-Läden verantwortlich zu sein. Gleichzeitig würden die TouristInnen als „fremd“ von einer imaginierten Gemeinschaft der „echten“ BerlinerInnen ausgeschlossen. *aze wurde in der Folge vorgeworfen, eine Scheindebatte zu führen und die gentrifizierungskritische Bewegung spalten zu wollen. „Wir freuen uns natürlich über die breite Diskussion und die große Aufmerksamkeit. Aber wir wollen nicht auf diese eine Kampagne begrenzt werden und hatten niemals vor, damit Szenebashing zu betreiben“, erklärt Maria, ein Mitglied der Gruppe.

Im Bereich der Stadtpolitik trat die Gruppe zum ersten Mal im September 2011 als Bündnispartnerin für die Mietenstopp-Demonstration in Erscheinung. Weitere Aktionen gegen steigende Mieten fanden im Mai mit einer Kundgebung am Gasometer in Schöneberg und im Juni mit einer Demonstration gegen die Tagung der Immobilienwirtschaft statt. „Wir wollen die bestehenden Kämpfe unterstützen, aber grundlegend geht es uns auch darum, vorherrschende kapitalistische Verwertungsmechanismen aufzubrechen“, so David, ein weiteres Mitglied von *aze. Deshalb wolle die Gruppe neben praktischen Aktionen auch eine Analyse der Gesellschaftsverhältnisse vorantreiben, die die Schwachstellen in der aktuellen Diskussion ausgleichen solle. Auch aus diesem Grund hatte sie unter anderem vor zwei Wochen zu einer Diskussionsveranstaltung im Rahmen der „Spot the Touri“-Kampagne eingeladen.

Gleichzeitig ist *aze im Forum Wohnungsnot, einem stadtpolitischen Bündnis, aktiv und unterstützt MieterInnenkämpfe wie etwa die Initiative Kotti&Co., die Lärmdemonstrationen gegen hohe Mieten organisiert. Im Vorlauf der Lärmdemonstration am vergangenen Samstag war die Kampagne von *aze schon auf positive Resonanz gestoßen: Kotti&Co. hatten mit einer Postkartenaktion in Hostels explizit auch TouristInnen und NeuberlinerInnen dazu aufgerufen, an der Demonstration teilzunehmen.

Neben ihrer Arbeit zu stadtpolitischen Themen setzt sich die Gruppe *aze auch mit der andauernden Wirtschaftskrise auseinander: Als Teil des M31-Bündnisses hat sie im letzten März einen europaweiten Aktionstag gegen Kapitalismus und darüber hinaus bundesweit Diskussionsveranstaltungen zum Thema Krise organisiert. Gemeinsam mit den Gruppen „avanti“ und „Theorie Organisation Praxis (TOP-B3rlin)“ veranstaltete sie zu diesem Thema im Juli auch einen Workshoptag. Der Krisenprotest richtete sich in erster Linie gegen das grundlegende Problem kapitalistischer Strukturen und nicht gegen die angebliche Gier von BankerInnen, BrokerInnen oder InvestorInnen, die häufig als für die Krise verantwortlich benannt wurden. In ihre Kritik der kapitalistischen Produktionsweise und deren krisenhafter Folgen bezieht die Gruppe auch die aktuelle Vormachtstellung Deutschlands als sogenanntem Krisengewinners ein. Für sie ist es wichtig, sich in diesem Prozess mit den Kämpfen in anderen Ländern zu solidarisieren. Deshalb hat sie auch während der dortigen Wahlzeit zu Solidaritätsdemonstrationen und -kundgebungen für Griechenland aufgerufen.

Seit ihrer Gründung vor eineinhalb Jahren hat sich *aze mit verschiedenen Schwerpunkten wie Sexismus, Antisemitismus, der Wirtschaftskrise, Demokratietheorie und Stadtpolitik auseinandergesetzt. Diese breit gefächerte Aufteilung entspricht auch ihrer politischen Selbstverortung. So sieht sich die Gruppe zwar durchaus in der marxistischen Tradition stehend, setzt ihren Schwerpunkt aber auf die poststrukturalistische Theorie. „Während einige Gruppen noch den Kapitalismus als Hauptproblem der Gesellschaft ansehen, finden wir, dass es diverse gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse gibt, die alle gleichwertig kritisiert werden müssen“, erläutert Alex von *aze.

Bei ihren regelmäßigen Treffen diskutiert und schreibt die Gruppe Texte und bereitet Veranstaltungen sowie Demonstrationen vor. Momentan widmet sie sich hauptsächlich der „Spot-the Touri“-Kampagne, für den Rest des Jahres sind dann aber weitere Veranstaltungen und Aktionen zu Stadt und Krise in Planung. Auf der Website der Gruppe können Interessierte aktuelle Veranstaltungstermine finden.

ZOÉ SONA