: Aus für die Karo-Genossenschaft
GENTRIFIZIERUNG Die Stadt verkauft die Wohnungen im Karolinenviertel an die Saga. Mietdeckelung soll die Bewohner nun vor Wucher schützen
■ Wo es liegt: Das Karolinenviertel ist ein Quartier im Stadtteil St. Pauli. Im Norden und Osten wird es vom Messegelände begrenzt, im Süden vom Heiligengeistfeld. Im Westen trennt es der Schlachthof vom Schanzenviertel.
■ Wie es mal hieß: Noch bis in die Sechziger Jahre hinein war das Karoviertel als „Schlachthofviertel“ oder „Nord-St. Pauli“ bekannt.
■ Wie es sich veränderte: In das früher arme Viertel sind längst auch schicke Modeläden und Cafés eingezogen. Es gab Versuche der Bewohner, sich gegen die drohende Gentrifizierung zu wehren.
Die Bemühungen der Karolinenviertel-MieterInnen, ihre Häuser zu kaufen und genossenschaftlich zu verwalten, sind gescheitert. Der Senat beschloss gestern, die etwa 900 Wohnungen nach der Sanierung an die städtische Wohnungsgesellschaft Saga zu übertragen.
Bisher sind die Gebäude, die rund 40 Prozent des Viertels ausmachen, in den Händen des städtischen Sanierungsträgers Steg. Ende 2013 wird das sogenannte Sanierungsgebiet St. Pauli Nord S 3 aufgehoben, die Saga übernimmt den städtischen Wohnungsbestand für 80 Millionen Euro. Genau das wollten die MieterInnen des Viertels verhindern: Weil sie Mietpreissteigerungen nach der Übernahme befürchteten, gründeten sie eine Genossenschaft mit dem Ziel, die Wohnungen selbst zu kaufen. Dafür boten sie der Stadt 50 Millionen Euro – eine Summe, die durch die aktuellen Mieten refinanzierbar sei, so die Genossenschaft.
Es habe mehrere Gründe gegeben, weshalb die Stadt dieses Angebot abgelehnt hat, so der Staatsrat für Stadtentwicklung Michael Sachs. „Wir glauben, dass nur ein großes Unternehmen eine zuverlässige Bewirtschaftung der Gebäude garantieren kann.“ Zudem zweifle der Senat, ob die Wohnungsgenossenschaft überhaupt das Geld für die Gebäude hätte aufbringen können.
Zu einer massiven Mietpreissteigerung kommt es laut Stadt trotzdem nicht. Für drei Viertel der Wohnungen besteht nach wie vor eine Mietpreisbindung. Die Mieten können damit nicht ohne weiteres erhöht werden. Pro Jahr laufen durchschnittlich 43 Bindungen aus, bis 2034 alle Wohnungen frei von Festlegungen sind. Um die MieterInnen auch danach noch zu schützen, hat die Stadt mit der Saga eine Sonderregelung getroffen: Das Unternehmen darf die Miete bis zehn Jahre nach Ablauf der Mietpreisbindung nur um höchstens zehn Prozent in drei Jahren erhöhen. Gesetzlich zulässig sind bis zu 20 Prozent.
„Mit dieser Regelung wird das Karoviertel für Jahrzehnte seine günstigen Mieten behalten“, sagte Bezirksamtsleiter Andy Grote. Das Mietniveau der städtischen Wohnungen im Karoviertel beträgt rund fünf Euro pro Quadratmeter und liegt damit weit unter dem üblichen Wert für Hamburg.
Der Karoviertel-Genossenschaft ist das nicht genug. „Man hat uns keine Chance gegeben, die Entscheidung war voreilig“, klagt Vorstandsmitglied Nada Kukolj-Kramme. Aufgeben wollen sie und die anderen MieterInnen aber nicht. „Zur Not werden wir für unser Viertel demonstrieren.“ KOL