Die Gitarren in höchster Not

Zurück zum Glauben finden mit Give Guitars To People im Acud

Von Thomas Mauch

Der Gitarre geht es schlecht. Schlaglichtartig mag das die Aussage eines Mitglieds der Antilopen Gang beleuchten, der meinte, dass ihr neues Album „Abbruch Abbruch“ besser als ihre vorigen sei, weil sie keine Gitarren mehr verwenden (mehr von der Antilopen Gang auf der Seite links).

Man braucht sie einfach nicht mehr, die Gitarre, die doch mal mindestens die Monstranz der Pop- und Rockmusik war, das Vorzeigestück für den herrlichen und damit heiligen Krach, locker aus der Hüfte heraus gespielt für den Twang. Aber man ist ja vom Glauben abgefallen, und unter diesen Umständen ist so ein Bandname bereits Bekenntnis, eine Notverordnung, weil es so nicht weitergehen kann: Give Guitars To People.

Wobei diese gitarrenfördernde Maßnahme nicht gerade im Zentrum des Rock steht, sondern mehr von den Rändern her im Feld der Improvisation der Gitarre frönt. Ein Trio: Mit Jochen Arbeit, der einst mit der Berliner Gitarrenband Die Haut bereits in den Achtzigern das spielte, was später Postrock genannt wurde, und derzeit bei einer Reihe von Projekten und Bands tätig ist, am bekanntesten bestimmt die Einstürzenden Neubauten. Auch der portugiesische Gitarrist Vitor Rua machte mal Pop und Rock, bevor er sich seit Anfang der Achtziger auf die improvisierte und freie Musik konzentrierte, etwa mit dem Projekt Telectu. Und Patricia Bateira ist eine auf verschiedenen Feldern tätige Künstlerin, die sich als NATürlich der Musik widmet, wie eben den Guitars, die gerade mit „The Look of Silence“ bei dem renommierten Avantgardelabel ReR Megacorp ein Album veröffentlicht haben.

Am Donnerstag wurde das mit einem Konzert im Acud befeiert. Und dass Vitor Rua krankheitsbedingt fehlte und durch eine Cellistin, Martina Bertoni, ersetzt wurde, ist für ein Improvisationsensemble kein großes Ding, weil man bei solchen Versuchsanordnungen am Anfang sowieso nicht schon wissen will, wo man am Ende angelangt sein wird. Im Acud gingen es die drei langsam an beim Aufbauen der Klangflächen. Quellende Töne. Klimpern. Ein auch zu sanften Störgeräuschen hin offenes Spiel. Treiben lassen, im Treibsand der Klänge Formen findend, loslassen, weitertreiben.

Ein langer, eher ruhig gestimmter Fluss war das, mit dahinschwimmenden Soundflächen, wie früher mal bei Tangerine Dream. Und dass die mit ihrer Ambientelektronik jetzt nie eine ausgewiesene Gitarrenband waren, ganz im Gegenteil, kann doch nur heißen, dass die Gitarre – als Soundquelle – zu wirklich allem taugt.

Give Guitars To People: „The Look of Silence“ (ReR)