: Ausgebremst in Deutschland
KRAFTSTOFF Es ist ökonomisch und ökologisch – warum sich Erdgas hierzulande dennoch nicht durchsetzt
BERLIN taz | Gerade mal 72.000 Autos fuhren 2011 in Deutschland mit Erdgas – nicht mal 0,3 Prozent des Fahrzeugbestands. Wenn es nach den Planungen der Bundesregierung aus dem Jahr 2004 ginge, müssten es längst 2 Prozent sein. Doch der deutsche Otto-Normalfahrer kann sich bislang nicht wirklich für den Kraftstoff erwärmen. In Pakistan, Iran, Argentinien, Brasilien und Indien fahren dagegen bereits über 12 Millionen Autos mit verdichteten Erdgas-Luft-Gemisch (CNG).
Tatsächlich spricht viel für Erdgasautos. Zum Beispiel der Öko-Aspekt: Wegen des niedrigen Kohlenstoffanteils stösst das Gasauto im Vergleich zum Benziner etwa ein Viertel weniger CO2 aus. Weil es sauber verbrennt, ist eine aufwendige Abgasreinigung beim Erdgas nicht nötig – diese dürfte dem vor allem konkurrierenden Diesel spätestens mit Einführung der strengen Euro 6-Norm 2015 zu schaffen machen.
Allerdings: Es gibt nur relativ wenige Modelle, zudem ist die Zahl der Tankstellen mit bundesweit rund 900 vergleichsweise gering. Zudem kostet zum Beispiel ein Erdgas-Passat fast 2.000 Euro Aufpreis im Vergleich zum Diesel. Dies lässt sich auch mit geringeren Kosten für Kraftstoff, Versicherung und Steuer nicht so einfach ausgleichen. Wegen zum Teil noch heftigeren Preisaufschlägen profitieren Kunden häufig erst ab 40.000 Kilometern vom Erdgas. Deshalb fahren hierzulande vor allem Busse oder Taxis mit diesem Kraftstoff.
Offenbar empfinden viele Pkw-Fahrer auch immer noch Unbehagen beim Anblick der schweren Gastanks, die bei vielen Fahrzeugen den Kofferraum verkleinern. Beim in der VCD-Vergleichsliste erfolgreichen Erdgas-VW Eco Up sind die Tanks im Fahrzeugboden versteckt.
Zudem stören erhebliche Preisunterschiede für den Kraftstoff den Verkaufserfolg: Bis zu 50 Prozent können es sein. Das liegt vor allem an der kleinteiligen Gasversorgerstruktur in Deutschland.
Eine Studie der Deutschen Energie Agentur (Dena) kommt zum Schluss, dass auch ein Mangel an medialer Aufmerksamkeit für die maue Erdgas-Performance in Deutschland verantwortlich ist. Vor allem Energieversorger, die sowohl Gas als auch Strom liefern, scheinen derzeit eine besondere Vorliebe für Elektromobilität an den Tag zu legen – und vernachlässigen ihren Erdgasabsatz. Ein koordiniertes Vorgehen der Energieversorger, so die Dena, sei jedenfalls nicht erkennbar. KSC