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Mit einer radikalen Intimität

Glatt und widerspenstig zugleich: Caner Tekers Performance „Kırkpınar“ bei den Tanztagen

Von Donna Schons

Der Öl-Ringkampf (Yağlı Güreş) ist ein türkischer Nationalsport, bei dem eingeölte Sportler versuchen, die Schultern ihres Gegners auf den Boden zu drücken. Das Olivenöl macht die muskulösen Oberkörper glatt und widerspenstig, der Kampf verlangt nach präzisen kämpferischen Gesten, die die Schlüpfrigkeit des Gegenübers antizipieren.

Caner Tekers Performance „ Kırkpınar“, die im Rahmen der Tanztage in den Sophiensælen zu sehen ist, spielt mit der Homoerotik dieser hypermaskulinen Sportart. Es braucht kaum mehr als ein sanftes Ausbremsen der Wrestlingbewegungen, um die Dominanzgebärden in überbordende Gesten der Zuneigung umzucodieren. Ineinander verwundene Körper, umklammerte Schultern und Beine, rutschend greifende und gleitend pressende Hände: Teker und sein* Performancepartner Aaron Ra­taj­czyk bewegen sich tänzerisch rhythmisch und mit animalischer Intensität, sie hängen sich an die federnden Metallstäbe ihres selbst errichteten Rings und atmen einander basierend auf BDSM-Breathplay-Praktiken Karbondioxid in den Mund.

„Kırkpınar“ wird eingeläutet durch die Vorbereitungsriten eines ausbleibenden Kampfs. Die regelmäßgen Intervalle der Kundalini-Atemübungen, das aneinanderstoßende Metall und die auf den Steinboden treffenden ledernen Boxhandschuhe fügen sich ein in einen gemeinsam mit Lou Drago und Valerie Anna Zwoboda erarbeiteten Soundteppich aus choralen Vocals, wummernden Drone-Beats und Melodien der Tulum, einer tradi­tio­nellen türkischen Sackpfeife.

Abwertende Kommentare

In den Kommentarspalten der wenigen auf YouTube zu findenden Yağlı-Güreş-Videos reagieren Betrachter mit Homophobie, Rassismus, Exotismus und Fetischisierung auf die Bilder der mit Büffellederhosen bekleideten ringenden Männer. Durch radikale Intimität stellt sich Teker derartigen Blickweisen entgegen und schafft mit seiner Performance einen geschützten Raum, in dem Identitäten behutsam ertastet werden können.

Teker, der* nach einem abgeschlossenen Stu­dium an der Kunstakademie Düsseldorf momentan an der Amsterdamer School for New Dance Development studiert, verhandelt in seinen Arbeiten sexuelle und nationale Attribuierungen. In früheren forschungsbasierten Performances unterwanderte er* die rheinländische Bergbaukultur und das Brauchtum der Mixed Martial Arts durch queere Gesten. Dabei bedient er* sich häufig der alternativen Raumerzeugungsmethoden queerer Clubkultur, hinterfragt jedoch zugleich kritisch, inwiefern sich normative Körperideale in ihnen einnisten.

„Kırkpınar“wird am 11. Januar um 19 Uhr in der Kantine der Sophiensæle aufgeführt. Die Veranstaltung ist ausverkauft, zwei Stunden vor der Aufführung können an der Abendkasse ggf. Restkarten erworben werden.

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