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wortwechselVon Umwelt, Tier und Mensch

Biologisch wirtschaften senkt Treibhausgase ++ FFF hat müde NGOs wach gemacht ++ Leistungen von Wissenschaftlerinnen ignoriert ++ Thinktank für deutsche Atomwaffen

Ade, schönes Leben. Gänse auf Geflügelhof Foto: Winfried Rothermel/picture alliance

Gute Klimabilanz

„Gans oder gar nicht“, taz vom 18. 12. 19

Sie behaupten, dass sich biologischer und konventioneller Landbau in der Klimabilanz kaum unterscheiden. Das geht völlig an der Realität vorbei, wie eine Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FIBL) in der Schweiz zeigt. Dort wird seit 1978 ein Anbauvergleich verschiedener Landbaumethoden durchgeführt, der DOK-Versuch. Das D steht für biologisch dynamischen, das O für biologisch organischen und das K für konventionellen Landbau. Dort zeigt sich, dass langfristig biologisch bewirtschaftete Ackerböden 40 Prozent weniger Treib­haus­gase pro Hektar emittieren als konventionell bearbeitete Böden. Auch pro Tonne Ertrag ist dieser Wert geringer oder – beim Anbau von Mais – gleich hoch.

Die bessere Klimabilanz der Biobetriebe ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass sie auf sehr energieaufwendig hergestellten synthetischen Dünger und auf Pestizide verzichten (Biobetriebe machen das regenerativ mit der Sonne), sondern auch auf den lebendigeren Boden mit höherem Humusgehalt und mehr Bodenlebewesen.

Das führt zu einer höheren CO2-Bindung im Boden und auch zu einer geringeren Lachgasausdünstung. Lachgas ist das wichtigste landwirtschaftliche Klimagas. Es hat sich auch gezeigt, dass eine klimafreundliche Landwirtschaft und Tierhaltung sich nicht widersprechen müssen. Es kommt vor allem darauf an, wie die Tiere gehalten und gefüttert werden.

Die Idee, Klimaabgaben auch in der Landwirtschaft zu erheben, finde ich nicht ganz abwegig. Es müssen dann aber alle Faktoren nachvollziehbar berücksichtigt werden. Die Einnahmen sollten zum Teil den Höfen zugutekommen, die tiergerecht und klimafreundlich arbeiten. Ein anderer Teil sollte als Ausgleich an Menschen mit geringem Einkommen gehen.

Karlheinz Jahraus, Westheim

Greta mit viel Gepäck

„Thank you for traveling“, taz v. 16. 12. 19

Oje, die Arme! Da passiert ihr das, was vielen Reisenden über den letzten Sommer hinweg zugestoßen ist. Was mich aber echt wundert, ist ihr immenses Gepäck. Einer klimabewussten, damit ihre Konsumbedürfnisse einschränkenden „Leitfigur“wäre wohl die Hälfte angemessen gewesen. Selbst für drei Monate in Übersee kam ich mit zwei mittleren Koffern und einer Umhängetasche aus und hatte sowohl einen sehr kalten Winter als auch einen sehr heißen Frühling/Sommer zu überbrücken. Immerhin hatte sie 1. Klasse für den Rest der Reise – mit entsprechendem Hofieren. Ilona Horn, Marburg

Großer Respekt vor FFF

„Future for Fridays?“, „Im Rolli zu Ende Gelände in die Lausitz“, taz vom 13. 12. 19

Danke für euren kritischen, linken und oft humorvollen Journalismus! Aber ich habe mich beim Lesen der Artikel geärgert. Entgegen vielen Erwartungen und hämischen Stimmen der älteren Generation finden die Schü­le­r*in­nen­streiks bereits über ein Jahr statt. Ich muss wohl niemandem erklären, wie viele Menschen, längst nicht mehr nur Schü­le­r*in­nen, dadurch mobilisiert wurden. Dass der Artikel dann noch hervorhebt, dass es am 29. November nur noch die Hälfte der De­mo­teil­neh­me­r*in­nen vom 20. September waren, beschwört ein Problem, das es so nicht gibt. Natürlich kommen nicht alle zwei Monate 1,4 Millionen Menschen in Deutschland auf die Straße. Es waren aber weiterhin extrem viele, und allein in Madrid 500.000 auf einen Streich. FFF ­daran zu messen, wie lange sie es schaffen, jeden Freitag in allen Orten konstant Menschen auf die Straße zu bringen, finde ich arrogant und nicht förderlich in diesen Zeiten. Hoffnung, Mut und Bestärkung sind eher angemessen! Ich bin sehr aktiv in der Klimabewegung und kann sagen, dass FFF enormen Schub in die müde und vielleicht sogar „alt“ gewordene Welt der Umwelt-NGOs gebracht hat. Ihnen gebührt großer Respekt.

Und ja, die neue junge Klimabewegung ist im Vergleich zu vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens ziemlich weiblich. Dies aber mit „überraschend stark von Frauen getragen“, nämlich „fast 60 Prozent“, zu untermauern, ist ein bisschen peinlich. Das heißt, die anderen 40 bis 50 Prozent waren männlich, also etwa die Hälfte, also absolut bevölkerungstechnisch ausgeglichen. Da hätten andere Zahlen die führende Rolle weiblicher FFF-Teilnehmerinnen besser illustriert. Oder es zeigt, dass es immer noch überrascht, wenn genauso viele Frauen wie Männer öffentlich ihre Meinung äußern und präsent sind. Ina Zerbin, Hannover

Wahre Entdeckerinnen

„Hat 1856 den Treibhauseffekt entdeckt: Eunice Newton Foote“, taz vom 13. 12. 19

Besten Dank, Ulrike Herrmann, für diesen Artikel über die wahre Entdeckerin des Treibhauseffektes durch CO2 in der Atmosphäre, Eunice Foote. Der Wissenschaftsautor John Perlin hat darüber sehr viel recherchiert und geschrieben, es lohnt sich, seine Arbeitern auf der Webseite der UC Santa Barbara nachzulesen.

John Perlin beschreibt im Detail, wie es dem britischen Forscher John Tyndall gelang, sich selbst zum Entdecker des Treibhauseffektes zu stilisieren. Selbst unser so hochgeschätzter Klimaforscher John Schellnhuber bestätigte mir, dass er Tyndall für den Entdecker des Treibhauseffektes hält! Tyndall wurde später durch den Tyndall-Effekt bei der Lichtbrechung in Flüssigkeiten mit kolloiden Teilchen bekannt, aber er hat erst 1859, drei Jahre nach Eunice Foote, zu dem Thema publiziert. John Perlin fand sogar gute Argumente, dass Tyndall die erste Veröffentlichung von Eunice Foote in den Annalen der Physik 1856 (auf Deutsch!) kannte, sie aber einfach nicht zitierte. Ihre Arbeit war bereits im August 1855 vor der American Association for Arts and Sciences zum ersten Mal vorgetragen worden, aber Eunice Foote durfte dies nicht selbst tun! Im November 1856 erschien dann auch ihr Artikel auf Englisch in dem American Journal of Science and Arts!

In der Vergangenheit waren ja oft die Leistungen weiblicher Wissenschaftler weniger wert als die männlicher. Besonders drastisch die Geschichte Otto Hahn/Lise Meitner: Der bereits hoch renommierte Radiochemiker Otto Hahn hatte nicht erkannt, dass es sich bei den von ihm beobachteten Reaktionen um die erstmalige Beobachtung der Spaltung eines Atomkerns handelte. Lise Meitner schlug Otto Hahn diese Erklärung vor, sie machte also eigentlich die bahnbrechende, weltumwälzende Entdeckung, basierend auf den experimentellen Daten Otto Hahns, aber sie wurde beim Nobelpreis für Otto Hahn nicht berücksichtigt! Eicke R. Weber, Berlin

Force de frappe

„Keine Angst vor Plan B“, taz vom 9. 12. 19

Immer wieder melden sich Politikwissenschaftler und Journalisten zu Wort und begründen die Notwendigkeit einer deutschen oder europäischen Atombombe. Und nun kriegt mit Thorsten Benner der Gründer und Direktor des vom Auswärtigen Amt geförderten Berliner Global Public Policy Institute sogar in der taz Platz, um zu beklagen, dass Bundeskanzlerin Merkel „die Diskussion über eine europäische nukleare Abschreckung“ scheue.

Die Regierung Westdeutschlands unterschrieb 1969 den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) und ratifizierte ihn 1975. Damit ist Deutschland verpflichtet, auf die Verfügungsgewalt und den Besitz von Atomwaffen zu verzichten. Anscheinend hat Herr Benner vor, wenige Monate vor Beginn der nächsten großen NVV-Überprüfungskonferenz, dieses fast einzig verbliebene völkerrechtliche Instrument zur Eindämmung des atomaren Wettrüstens weiter zu schwächen. Damit stellt er Deutschland in eine Reihe mit Nordkorea, dem einzigen Staat, der aus dem NVV ausgetreten ist. Gewiss, Deutschland machte bei Unterzeichnung und Ratifizierung des NVV ausdrücklich zur Bedingung, „dass der Vertrag den Zusammenschluss der europäischen Staaten nicht behindert“. Das Recht auf eine europäische „Force de frappe“ lässt sich daraus keinesfalls ableiten. Wir brauchen die Ächtung der Atomwaffen – egal welche, egal wo. Sich dafür starkzumachen wäre Aufgabe des Auswärtigen Amts und seiner Beratungsthinktanks. Regina Hagen, Darmstadt

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