: Die Gasthaus-Brauereien kommen wieder
HAUSMARKE Die Erlebnis-Gastronomie ist im Aufwind. Die Devise lautet: weg vom Einheitsgeschmack
Es passt auf den ersten Blick nicht zusammen: Während der Bierkonsum zurückgeht, wird die Brauereienlandschaft in Hamburg vielfältiger. Der Steakhouse-Riese Block hat sein eigenes Brauhaus gebaut, die Traditionsbrauerei Ratsherrn wurde wiedereröffnet und die alteingesessenen Gasthausbrauereien Gröninger und Johann Albrecht erfreuen sich konstanter Gewinnzuwächse.
1,2 Millionen Hektoliter Bier haben die Deutschen im Vergleich zum Vorjahr bisher weniger getrunken. „Unter diesem Rückgang leiden die regionalen Mittelständler“, sagt Michael Scherer von der Sozietät Norddeutscher Brauereiverbände. Bei den kleinen Brauereien gebe es dagegen einen Zuwachs.
Fünf Millionen Euro investierte Steak-Mogul Eugen Block in seine Gasthausbrauerei direkt an den Landungsbrücken. In zwei mächtigen Kupferkesseln werden bis zu 1.000 Liter Bier am Tag gebraut – die Gäste können dabei zuschauen. Ottmar Prötz vom Brauhaus Johann Albrecht zieht den Vergleich zu den Kochshows: „Man kümmert sich um das Handwerk und die natürlichen Inhaltsstoffe“, sagt er.
Auch der Geschmack spielt eine Rolle: Die Biere von Blockbräu, Johann Albrecht und Gröninger haben mit rund fünf Prozent einen höheren Alkoholgehalt als herkömmliche Biere. Außerdem müssen die großen Markenbiere einem Massengeschmack entsprechen. „Kleine Brauereien können geschmacklich mutiger sein“, sagt der Journalist und Bierexperte Conrad Seidl.
Genau dieses Konzept verfolgt Ratsherrn mit dem Angebot „Craft Bier“, das in den Schanzen-Höfen hergestellt wird. Zehn Millionen Euro investierte das Unternehmen für die Brauanlagen und die Sanierung der historischen Viehhallen. „Ende der 70er-Jahre war die Marke Ratsherrn das bekannteste Bier der Elbschlossbrauerei“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Speth. „Für mich als Hamburger Jung bot es einen besonderen Anreiz, die Marke mit einer frischen Idee wiederzubeleben.“
Bei der Gröninger-Privatbrauerei bewährt sich hingegen das alte Konzept: Traditionsbier und herzhafte Speisen. „Wir versuchen hier nicht, Sushi zu machen. Wir sind ein Traditionshaus mit niedriger Schwelle“, sagt Chef Jens Stacklies. Nächstes Jahr will er eine weitere Gasthausbrauerei in Pinneberg eröffnen. CHRISTINE BÖDICKER