: Druck trotz Biz
Die „Most Wanted Music Convention im House of Music“ bietet Newcomern eine Bühne. Trotz Branchenatmosphäre konnten viele Bands überzeugen
Von Niklas Münch
Wer wissen will, welche aufstrebenden Bands und Musiker*innen gerade wichtig sind, geht aufs Reeperbahn-Festival nach Hamburg. Es nicht nur einer der besten Anlaufpunkte für Newcomer, sondern auch ein wichtiger Branchentreff. In Berlin hingegen gibt es seit sechs Jahren in wesentlich kleinerem Rahmen die Most Wanted Music Convention (MWM), eine Fachkonferenz die sich vor allem mit der Digitalisierung des Popbiz beschäftigt. Diese hat nun am vergangenen Mittwoch zum ersten Mal neuen Künstler*innen eine Bühne geboten, sich Akteur*innen der Musikbranche und Journalist*innen zu präsentieren.
Schauplatz war das neue Veranstaltungs- und Kreativzentrum „House of Music“ auf dem RAW-Gelände. Dort traten zwanzig Bands und Künstler*innen auf sechs verschiedenen Bühnen auf. Die fast nackten Wände des neuen Hauses verstärkten hierbei die künstliche Atmosphäre, die solche reinen Branchenveranstaltungen gern umgibt. Für Die Sauna, die erste Band an dem Abend, kein Hindernis, direkt eine energetische Performance abzulegen. Die sechs Münchner veröffentlichten erst im August ihr Debütalbum, auf dem sie mit rhythmischen Postpunk bereits auf sich aufmerksam machten. Auch live bewiesen sie, dass hinter ihrer Musik viel Druck steckt, und begeisterten durch ihre technische Versiertheit. Die parallel spielende Sängerin Alex St Joan glänzte vor allem durch ihre Stimme, die sie mit Hall und anderen Effekten verfremdet. Alex St Joan ist das Alter Ego der Australierin Alexia Peniguel, die seit 2004 in Berlin lebt. Sie ist studierte Jazz-Musikerin und macht verträumten Synthie-Pop. Dabei schafft sie es allein mit einem Touchpad und Fußschaltern, live einen vollen Sound zu erzeugen.
Macker-Persiflage
Einer der wenigen internationalen Künstlerinnen auf dem MWM Live war die spanische Rapperin Palo G. Sie bezeichnet sich als Gentlewoman und persifliert in ihren Musikvideos die Mackerkultur im HipHop. Auf der Bühne zeigte sie, dass sie sich den Gestus ihrer männlichen Kollegen perfekt angeeignet hat, und schaffte es mit ihrer Präsenz, das Publikum zu begeistern. Wer vorher nur ihre Videos gesehen hatte, ist überrascht, dass Palo G nicht nur sehr gut rappen kann, sondern dazu noch eine beeindruckende Singstimme hat.
Schon etwas länger unterwegs ist die bayerische Sängerin Isabella Streifeneder mit ihrem Projekt Mola. Die mittlerweile fünfköpfige Band macht Pop, zieht aber viel Inspiration aus dem HipHop. In ihrem Reimstil erinnert die 30-jährige Münchnerin an Rapperinnen wie Mavi Phoenix und Hayiti. Obwohl Mola auf dem MWM Live nur zu dritt spielten, hatten Streifeneders Stimme und der Sound ihrer Band mächtig Wumms und nahm das Publikum mit.
Krass herausgestochen an diesem Abend hat aber der Paradiesvogel Jackie Moontan. Der Luxemburger lieferte eine so exzentrische One-Man-Show ab, dass sich viele Zuschauer anfangs nicht in den Raum getraut haben. Ausgestattet mit einer rosa Sonnenbrille und einem grünen Polyesteranzug hat er zu schmalzigem 80er-Jahre-Synthpop, abgespielt mit Smartphone, geschmachtet. Moontan ist ein Entertainer und lässt sich am besten als luxemburgischer Alexander Marcus bezeichnen.
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