: Das ganz normale spirituelle Leben
Erfreulich facettenreich berichten Muslime im Altonaer Museum über den Link zwischen Glauben und Alltag
Von Petra Schellen
Die Idee ist klug und differenziert: Muslime des Stadtteils erzählen, wie der Glaube ihren Alltag prägt. Zentraler Link ist der Wohnort, weshalb die Ausstellung im Hamburger Altonaer Museum „Mahalla Altona“ heißt: „Bezirk Altona“. Der Vorschlag stammt von der 2016 berufenen Museumsdirektorin Anja Dauschek, die die muslimische Community endlich angemessen im Museum spiegeln will. Ayhan Salar, seit Langem in Altona lebend und inzwischen zum Community Curator avanciert (siehe oben), war genau der Richtige für den Job: Über Privatkontakte hat er jene 21 Menschen gefunden, die in Videos über ihren Alltag berichten und Gebetsbücher, Instrumente und einen Burkini in die Vitrinen gelegt haben.
Das Tragen des Kopftuchs etwa ist nicht Pflicht, sondern eine Tradition, die auch modebewusste Frauen schätzen. Da sie keine schicken Hidjabs fand, beschloss die Afghanin Massoudra Sarwari-Pumm, selbst welche zu entwerfen. Sie selbst trägt kein Kopftuch und zählt sich zu den Muslimen, „die in den letzten 30 Jahren geboren sind und keinen Widerspruch zwischen ihrem Glauben und westlichem Lebensstil sehen“.
So sieht es auch der türkische Beschneidungs-Arzt Mustafa Yoldaş. Beschneidung sei keine Pflicht, „gehört aber zu unserer Identität als Muslime“. Die Genitalverstümmelung von Frauen lehne er ab, „weil sie keinen Sinn macht und eine Entwürdigung der Frau ist“.
Großzügigkeit – Sadaqa – ist dagegen ein Muss, meint aber nicht nur Almosen. „Wissen zu vermitteln ist für mich eine gute Tat“, sagt der ägyptische Forscher Mohammed Khalifa. Die Leselust der Arzthelferin Nazihat Aslan hat dagegen ein Buch geweckt, das ihr Vater im Müll fand.
Authentisch klingen die Berichte dieser Muslime, einige seit Jahrzehnten hier, andere seit 2015. Sie verkörpern keine Parallelgesellschaft, sondern sind integriert und respektieren Ängste der Mehrheitsgesellschaft. Die Bürokauffrau Yıldız Tufan etwa stellt ihre Gebetszeiten-App in der Öffentlichkeit auf „Vibrieren“. Den Gebetsruf schaltet sie aus, „weil er mit ‚Allahu akbar‘ anfängt und sich viele verängstigt fühlen, wenn sie dieses Wort hören“.
„Mahalla Altona“: bis 18. 11., Hamburg, Altonaer Museum
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen