Neureiche Chinesen verderben den guten Ruf

Nach Kambodscha zogen früher viele arme Chinesen, die hart arbeiteten. Heute kommen Neureiche mit schlechtem Benehmen

Tourist in der China-Town von Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur vor einer Installation zum Mondfest Foto: Lim Huey Tang/Reuters

Von Sun Sokhen

Kambodschanische und chinesische Führungskräfte haben sich in den letzten Jahren als umfassende strategische Partner und Brüder mit gemeinsamen Interessen und gemeinsamer Zukunft bezeichnet. Dies wurde durch den jüngsten Zuzug chinesischer Migranten nach Kambodscha untermauert. Es gibt positive wie negative Berichte kambod­schanischer Medien über chinesische Migranten. Aber die negativen überwiegen. Bei der Gründung der Kambod­schanisch-Chinesischen Journalistenvereinigung im Mai sagte Zuo Weinxin, ein Berater der chinesischen Botschaft, die Vereinigung solle positive Nachrichten über China und seine Beziehungen zu Kambodscha verbreiten.

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Sun Sokhen, 27, ist Nachrichtenredakteur beim Cambodian Center for Independent Media/Voice of Democracy in Phnom Penh.

Nur wenige Berichte zitieren Chinesen, die schon seit Generationen in Kambodscha leben. Wie sehen sie den heutigen Zustrom neuer Migranten? Die 40-jährige Bunthorn Vorleak, deren Großvater aus China stammt, sagt, sie sei früher stolz gewesen, chinesische Vorfahren zu haben. Ihr Großvater habe für die Khmer-Familie seiner Frau gearbeitet und sei wegen guten Benehmens und harter Arbeit zum Schwiegersohn auserwählt geworden. „Früher schätzten kambodschanische Eltern Chinesen. Sie haben ihre Töchter mit chinesischen Männern verheiratet, weil sie diese für gute Geschäftsleute und für klüger hielten.“ Doch inzwischen habe sich die Wahrnehmung der Chinesen wegen des Verhaltens der Neuankömmlinge dramatisch verändert. „Einige Neuankömmlinge sind unhöflich und gewalttätig und achten keine Gesetze. Sie verhalten sich anders als mein Großvater. Wollte ein Chinese heute meine Tochter heiraten, wäre ich dagegen.“

Der chinesischstämmige Politikanalyst Lao Mong Hay stimmt zu. Früher hätten nach Kambodscha eingewanderte Chinesen trotz ihrer Armut eine hohe Moral gehabt. Sie hätten hart gearbeitet, um ihren Familien Geld zu schicken. Und sie hätten sich an die Khmer angepasst, um in Harmonie zu leben. „Doch die Chinesen, die heute kommen, sind schon reich. Sie kommen als Investoren und bleiben meist unter sich. Sie haben nur geschäftlichen Kontakt zu Einheimischen, aber mit denen keinen kulturelle und sozialen Austausch.“

Zehnjunge Journalist*innen aus Myanmar, Kambodscha und Malaysia hat die taz Panter Stiftung nach Berlin eingeladen. Wir haben mit ihnen u. a. über Pressefreiheit und die taz-Genossenschaft gesprochen. Sie haben diese Beilage zu den Herausforderungen der Nachbarschaft zum aufstrebenden China produziert

Sophal Ear, kambodschanisch-amerikanischer Politikwissenschaftler und Autor des Buches „Hilfsabhängikeit in Kambodscha: Wie ausländische Hilfe die Demokratie untergräbt“, meint, jeder solle nach seiner Person und nicht nach ethnischer Zugehörigkeit beurteilt werden. Sophal, der ethnischer Chinese ist, sagt aber auch: „Der neue Reichtum, der Materialismus, die Grobheit und mangelndes kulturelles Verständnis vieler Chinesen führen zu Problemen.“

Laut dem Innenministerium in ­Phnom Penh lebten 2018 mehr als 210.000 chinesische Staatsangehörige in Kambodscha, das sind 50 Prozent mehr als 2017.