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Do you speak English?

Auch in Brexit-Zeiten werben englische Hochschulen um Studienanfänger. Bewerber müssen Englischkenntnisse nachweisen.
Wer 2019 oder 2020 beginnt, könne unter gleichen Bedingungen wie Einheimische studieren, sagen Studienberater

Es muss nicht immer gleich die hier so idyllisch am Fluss gelegene University of Cambridge sein, englische Unis werben auf Messen mit guten Bedingungen um deutschen Studierende Foto: dpa

Von Joachim Göres

Auch in Zeiten des Brexits sind Studienbewerber in England erwünscht. „Wir würden uns über mehr Interessenten aus Deutschland freuen“, sagt Kai Hardekopf von der University of Surrey. „Die deutschen Studierenden, die bei uns an der Uni mit dem Studium anfangen, können meist sehr gut Englisch.“ Hardekopf hat selbst in England studiert und arbeitet jetzt als „Student Recruitment Graduate Advisor“ an der Uni Surrey in dem 70.000-Einwohner-Städtchen Guildford im Südosten des Landes. Eine seiner Aufgaben: junge Leute im Ausland von einem Studium an seiner Universität zu überzeugen.

Derzeit absolvieren rund 18.000 Deutsche in Großbritannien den Großteil ihrer Studienzeit. Sie entscheiden sich vor allem für wirtschafts-, ingenieur- und geisteswissenschaftliche Fächer.

Hardekopf war in diesem Jahr war er schon auf Werbetour auf Hochschulmessen in Hannover und Hamburg und musste häufig Fragen zum erwünschten Sprachniveau beantworten. „Wer im Abitur eine Eins oder eine Zwei in Englisch hat, der braucht keinen Sprachtest mehr bei uns zu machen“, sagt der Berater. „Ansonsten sollte man im IELTS-Test an unserer Uni 6,5 Punkte erreichen“. Einige Fächer wie englische Literatur verlangten auch sieben Punkte im Test.

Hinter der Abkürzung IELTS verbirgt sich: International English Language Testing System. Nach Angaben des British Council – einer mit dem deutschen Goethe-Institut vergleichbaren Kultureinrichtung – ist dieser Englischtest mit jährlich drei Millionen Prüfungen der weltweit beliebteste. Er wird von allen britischen Universitäten und Hochschulen und insgesamt von mehr als 10.000 Bildungseinrichtungen in über 140 Ländern akzeptiert.

Den Test gibt es in zwei Versionen, einen für Studienzwecke und akademische Berufe und einen für die berufliche Ausbildung, Praktika und Auswanderungszwecke. Er dauert knapp drei Stunden und besteht aus der Überprüfung von Hör- und Leseverständnis sowie schriftlichem und mündlichem Ausdruck.

Laut Martin Spieß, Projektmanager beim British Council in Berlin, erkennen die meisten britischen Universitäten auch den in Deutschland verbreiteten „Test of English as a Foreign Language“, kurz TOEFL, oder ein aktuelles Cambridge-Zertifikat als Sprachnachweis an. „Das Besondere am IELTS ist der mündliche Anteil. Man unterhält sich 15 Minuten mit einem Prüfer und nicht mit einem Computer“, so Spieß.

Der British Council bietet diesen Test unter anderem in Hamburg, Hannover und Bremen an. Die meisten Teilnehmer schaffen die angestrebte Punktezahl. „Die schriftlichen Leistungen sind dabei nicht ganz so gut wie beim Lesen, Hören und Sprechen“, sagt Spieß. Da gehe es um Kommasetzung, um schwere grammatische Konstruktionen, aber auch darum, wie man bei einer Stellungnahme seine Argumente strukturiert „oder wie man einen Brief schreibt“, sagt Spieß.

Maximal können neun Punkte beim IELTS erzielt werden. Die Deutsch-Muttersprachler erreichten zuletzt beim Test für Akademiker im Schnitt die Note 7,41. Beim Hören lag sie bei 7,8, beim Lesen bei 7,55, beim Sprechen bei 7,39 und beim ­Schreiben bei 6,62, das sind im internationalen Vergleich Spitzenwerte.

„Deutschen fehlt allerdings beim Sprechen manchmal das Selbstbewusstsein. Skandinavier und Niederländer schneiden im mündlichen Teil besser ab, weil man dort viel mehr englischsprachige Filme sieht und die Sprachfähigkeit in den Schulen stärker gefördert wird“, sagt British-Council-Mitarbeiter Arek Jaworski. Doch dafür hätten die anderen eher Pro­bleme mit dem Schreiben. Darauf werde in deutschen Schulen mehr gelegt.

Spieß betont, dass neben einem guten Sprachtest und der Abiturnote vor allem das Motivationsschreiben der Bewerber zählt. Allgemein haben Studierende aus Deutschland einen guten Ruf an britischen Unis – sie gelten als selbstständig und gut ausgebildet.

Gute Englisch-Noten im Abitur können mancherorts den Sprachtest ersetzen

Wie sich das Interesse an Englisch-Sprachkursen in der Zukunft entwickeln wird, hängt auch von den Bedingungen des Austritts Großbritanniens aus der EU ab. „Wer 2019 und 2020 mit einem Studium in Großbritannien beginnt, kann in jedem Fall unter den aktuellen Bedingungen anfangen und auch sein Studium zu Ende führen“, sagt Spieß. Das bedeutet, dass die Studiengebühren für EU-Bürger nicht höher sind als für Einheimische. 9.000 Pfund, das sind derzeit rund 10.150 Euro, pro Studienjahr ist für sie der Höchstbetrag an einer englischen Uni, manche Universitäten verlangen auch „nur“ 3.000 Pfund, in Schottland ist das Bachelor-Studium gebührenfrei.

9.000 Pfund verlangt auch die University of South Wales pro Studienjahr. Dort kommen 2.600 der 30.000 Studierenden aus dem Ausland. „Wir hoffen natürlich, dass die Zahl der Ausländer bei uns künftig nicht abnimmt“, sagt Studienberaterin Joanne Hopkins. Sie wirbt mit einem auf die Praxis ausgerichteten Studium, kleinen Lerngruppen, großer Offenheit gegenüber Kulturen sowie geringeren Lebenshaltungskosten als in London und Manchester.

Jens Finke hat dort drei Jahre bis zum BWL-Bachelor-Abschluss studiert. Er nutzte dafür ein Darlehen, das muss an der Uni South Wales erst zurückgezahlt werden, wenn man über 21.000 Pfund im Jahr verdient.

Finke vergleicht das Studium mit seinen Erfahrungen an deutschen Unis und bereut den Weg nicht. „So einen Service wie in Wales habe ich nie wieder erlebt. Innerhalb von 48 Stunden hatte man einen Termin beim Professor, benötigte Bücher waren innerhalb von 24 Stunden in der Bibliothek, der IT-Standard war sehr hoch.“ Es werde viel Eigendisziplin verlangt und dafür viel Freiheit gewährt, sagt Finke. Das habe ihm gut gefallen. Und es werde „alles nicht so verbissen gesehen wie in Deutschland“.

Der British Council veranstaltet die nächsten Hochschulmessen in Köln (26. 11.), Frankfurt/Main (27. 11.) und München (28. 11.). Im Norden stellen sich britische Unis am 29. 1. 2020 in der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek vor