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wortwechselLasst Greta endlich in Ruhe – kämpft lieber!

Nun hat sie den Alternativen Nobelpreis erhalten. Zu Recht, sagen viele taz-LeserInnen –und fühlen sich eher von „Bessernörglern“ genervt als von der toughen jungen Schwedin

Greta quittiert drei Tage nach ihrer UN-Rede den Erhalt des „Stadt-Schlüssels für Montreal“. Vorher wurde natürlich mit den Quebec-Kanadiern demonstriert Foto: Andrej Ivanov/reuters

„Der Hype um Greta Klimaheldin oder Nervensäge?“, taz vom 26. 9. 19

Beruhig dich, Kind

Emotionen sind Ausdruck von innerer und ernsthafter Auseinandersetzung mit dem was in der Vergangenheit von allen Politikern der ganzen Welt nicht geleistet worden ist. Versagen ruft Ärger Wut und Zorn hervor, das ist nicht nur menschlich, sondern zeigt, dass das gesprochene Wort eine starke Wirkung braucht, um überhaupt noch Gehör und Aufmerksamkeit zu erzielen. Greta Thunberg hat genügend Argumente hinter sich versammelt und die gesamte Wissenschaft. Der Klimawandel bedroht die ganze Welt. Reicht das immer noch nicht? Weiter so Greta! Glückwunsch zum Alternativen Nobelpreis. Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg

Wenn Frauen weinen

Eine Option die nicht genannt worden ist, weil man es einem „kleinen Mädchen“ nicht zutraut, so abgezockt zu sein: Gute Schauspielerin. Frauen sind immer emotional und können sich nicht selbst kontrollieren. Das ist die gängige Meinung. Was ist, wenn sowohl Greta (und Angela Merkel) ihre Emotionen im Griff haben? Was ist, wenn Greta eine stärkere Polarisierung erreichen wollte? Dann hat sie alles richtig gemacht. Aber auch die Beiträge in der taz zeigen, niemand traut einer jungen Frau eine derartige Abgezocktheit zu. Und wer mehr Härte in einer Debatte haben möchte, braucht zuerst mehr Polarisierung. Wie macht man das? Man triggert gewisse emotionale Reaktionen, und was könnte besser polarisieren als ein „weinendes kleines Mädchen“?

Bert Becherer-Geier, Berlin

Wutrede? Ein Weckruf

„Angst und Endlichkeit“,

taz vom 28./ 29. 9. 19

Hallo tazlerInnen, eure Meinungen und Ausdrücke sind zum Teil nicht besser als viele Kommentare von vielen anderen Besserwissern in Politik und Gesellschaft. Anstatt sich ernsthaft mit den beiden ihr wichtigen Themen ihrer Rede – Klimakatastrophe und maßloses Wirtschaftswachstum – auseinanderzusetzen, geht es um ihre Wut und Tränen, um „Teenager mit Asperger“, um eine „Pubertierende“, einen „Popstar“, um ihre „aggressive Art“. Sie ist zwar erst 16 Jahre alt, hat aber mit ihrer Aktion in Stockholm und ihrer Emotionalität bei der UN mehr bewegt und Nachdenken angestoßen als alle durchaus kompetenten und ehrenwerten Wissenschaftlicher mit ihren Studien es bisher vermocht haben. Sie ist auch kein naives junges Mädchen, sondern sie ist informiert und hat darüber nachgedacht, dass das Reden über „Geld und das Märchen vom ewigen Wirtschaftswachstum“ in eine Katastrophe führt. Andere einschlägige Veröffentlichungen haben nur wenig bewirkt. Da ist die Wutrede von Greta ein Weckruf, der hoffentlich mehr bewirkt. Ich bin froh, dass auch der Artikel von Georg Diez in der taz-am-wochenende erschienen ist. Er nimmt Greta ernst und das ist das Entscheidende. Greta wiederum nimmt die Reden der Erwachsenen ernst, dass wir die Erde von den kommenden Generationen nur geborgt haben und dass wir etwas Subtanzielles tun müssen, um unsere Lebensgrundlagen auf dieser unserer gemeinsamen Erde zu erhalten. Hilmar Froelich, Oldenburg

Streitet um die Sache!

Lasst Greta doch einfach in Ruhe! Es gibt genug zu tun. Streiten wir doch lieber darüber! Hildegard Meier, Köln

Abstrakte Verzettelung

How dare we? Wie können wir es wagen, eine 16-jährige zu verehren, zu hassen und abschätzig zu behandeln? Wie kann es sein, dass soviel Emotion losbricht – und so wenig einsichtige, verantwortungsvolle Aktion? Mit Recht spricht Georg Diez die Sprachlosigkeit an, die abstrakten Verzettelungen im Denken und Handeln einer optimiert angepassten und gläubigen Menschheit. Wir spalten Realitäten ab. Die Dimension des Ganzen ist eben keine endliche. Endlich erscheint nur der einzelne menschliche Beitrag, die Verantwortung dafür ist nicht endlich. Das Entwickeln eines Denkens, einer Sprache, die ohne links/ rechts Glaubenseifer auskommt und ein Leben förderndes Ganzes im Sinn hat, verlangt sowohl Wissenschaft, als auch eine Offenheit des Geistes, die fähig ist, die Schattenseiten des eigenen Egoismus anzuerkennen, damit Geben und Nehmen wieder in ein Gleichgewicht kommen können. Kai Hansen, Nürtingen

Die nackte Lächerlichkeit

Bedurfte es beim „Märchen“ von des Kaisers neuen Kleidern nicht auch eines außenstehenden Kindes, um die Lügen und Selbstlügen einer ganzen geschlossenen Gesellschaft bloßzustellen? Der Unterschied ist, dass es bei uns nicht um die „nackte“ Lächerlichkeit eines einzelnen aufgeblasenen Mächtigen geht, sondern ums „nackte“ Überleben. Unser Überleben! Wolfgang Martin-Beyer, Mainz

Keine Marionette

Wenn dieses Mädchen ohne Pathos und ohne Tränen ihre Rede hätte halten können, dann (und nur dann) läge es nahe, dass im Hintergrund die Fäden gezogen werden. Christina Schelle-Müller, München

Kann uns das egal sein?

Zur Zeit findet die Personalisierung eines realen (globalen) Konflikts statt; nicht nur in der taz. Wozu ist das gut? Es ist ein menschlicher seelisch-geistiger Abwehrmechanismus, um sich Unangenehmes vom Leib zu halten. Greta Thunberg war mutig und entschlossen genug, sich ganz allein in die Öffentlichkeit zu stellen, um auf eine einzigartige herannahende Katastrophe aufmerksam zu machen. Kein über 50- bis 60-jähriger hat das Recht, Thunberg in irgendeiner Weise klein zu machen. Wir Älteren werden die Katastrophe selbst nur noch ansatzweise hautnah erleben – jedenfalls in Mitteleuropa. Es wird die jetzigen Kinder (mit ihren Kindern) treffen. Aber das können wir Älteren, wegen der biologischen Lösung, uns natürlich auch egal sein lassen, wenn einem der Sinn danach steht.

Eberhard Rumpf, Burgdorf

Wann protestieren wir?

Ich war und bin erstaunt über einige der Stellungnahmen zu Greta Thunberg, weil sie die Tiefendimension des Klimawandels nicht sehen und dass die für den Planeten Erde eingetretenen und fest vorausgesagten nachteiligen Phänomene in einen Bereich der Wirklichkeit führen, für die jegliche Form der Anschauung fehlt und für die wir keine ethischen Grundsätze entwickelt haben. Als Folge dieses Ausfalls ethischer Grundsätze ersetzt monetäres Geschacher – Ablasshandel – fast gänzlich, was wir dringend benötigen: Die Erarbeitung eines anderen, verträglichen und nicht vorrangig kapitalistisch orientierten Lebens- und Gesellschaftsmodells. Greta ist in ihrer „Wutrede“ sehr klar – bemerkenswert klar! Es ist unser Schmerz, den sie ausdrückt und den zu fühlen wir nicht wach und mutig genug sind! Hätten wir nicht schon seit Jahrzehnten Grund dazu, höchst aggressiv und unangenehm zu werden gegenüber Konzernen, Erfüllungsgehilfen großflächiger Zerstörung tierischer und pflanzlicher Lebensräume? Was törnt uns denn überhaupt noch zum Protest, zum Handeln an?

Thomas Keller Frankfurt a. M.

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