Anderthalb Wochen unterm breiten Fächer

Allerlei alte Bekannte kommen auch: Von heute bis zum 5. Oktober laufen beim Filmfest in Hamburg 144 Filme aus 56 Ländern

Von Wilfried Hippen

Es gibt Filmfestivals, auf denen sich die Branche und die Cineast*innen treffen. Das heute beginnende Filmfest in Hamburg ist dagegen eines für das Publikum: Jedes Jahr hat es mehr als 40.000 Zuschauer*innen, und das Erfolgsrezept ist der breite Fächer an hier gezeigten Filmen. Bei seiner offiziell 27. Ausgabe – dass es auch davor schon „Filmfeste“ in Hamburg gab: geschenkt – gehört nun schon zur Tradition, dass das Festival viele Preisträger der A-Festivals spielt, also Cannes, Toronto, Locarno oder Venedig. So ist nun etwa Pietro Mecellos Jack-London-Adaption „Martin Eden“ zu sehen (am 4. und 5. Oktober), für die Luca Marinelli in Venedig den Preis als Bester Schauspieler bekam.

Ein Schwerpunkt sind traditionell auch französische und französischsprachige Produktionen, und so ist auch der Eröffnungsfilm „Die schönste Zeit unseres Lebens“ (heute sowie morgen im Programm) eine dieser Gesellschaftskomödien: Ein Comiczeichner erhält darin die Chance, jenen Tag im Jahr 1974 noch einmal zu erleben, an dem er die Liebe seines Lebens kennenlernte. Der Film feiert nun seine Deutschlandpremiere, dazu werden heute Abend der Regisseur Nicolas Bedos und Hauptdarstellerin Doria Tillier erwartet.

Seit 1995 wird in Hamburg jeweils der Douglas-Sirk-Preis vergeben: und das an Persönlichkeiten – ausnahmsweise aber auch mal eine Produktionsfirma –, „die sich um Filmkultur und Filmbranche verdient gemacht“ haben. In diesem Jahr bekommt ihn die Schauspielerin Nina Hoss, die gleich mit zwei Filmen im Programm vertreten ist: Im Anschluss an die Preisverleihung ist sie am Sonntag dann in Katrin Gebbes „Pelikanblut“ (29. September und 4. Oktober) zu sehen – in der Rolle einer Frau, die aus Mutterliebe zu wahnhaften Taten fähig ist. Und in „Das Vorspiel“ von Ina Weisse (27. September und 2. Oktober) spielt sie eine Geigenlehrerin, die glaubt, ihren eigenen hohen Ansprüchen nicht zu entsprechen – und daran zerbricht.

Ein vergangener Sirk-Preisträger, des Jahres 2008, ist der kanadische Regisseur Atom Egoyan. Er stellt jetzt seinen neuesten Film vor, passenderweise „Der Ehrengast“ betitelt (2. und 3. Oktober). Darin stürzt ein Vater (David Thewlis) in eine Lebenskrise, als seine Tochter, Lehrerin an einer High School, unter Missbrauchsverdacht gerät.

Seit 2005 sind alle Spielfilme des iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof auf dem Filmfest gelaufen. Zeitweilig lebte er sogar selbst in Hamburg, seinen jüngsten Film nun, „Das rote Coupé“, hat die Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein mitfinanziert. Technisch gesehen, ist Rasoulof dabei nur Drehbuchautor und Produzent, das Regime machte es ihm diesmal unmöglich, bei den Dreharbeiten dabei zu sein, Regie führte stattdessen Ashkan Najafi. Weil Rasoulof unlängst auch noch in Teheran zu einem Jahr Haft verurteilt wurde, kann er den Film auch nicht selbst dem Publikum vorstellen; wie darin ein alleinerziehender Vater versucht, den Auto-Traum seines Sohnes zu erfüllen, das ist nun am 29. und 30. September zu sehen.

27. Filmfest Hamburg: 26. 9 bis 5. 10., diverse Kinos; Programm und weitere Infos: www.filmfesthamburg.de