Bahamas nach Hurrikan völlig verwüstet

Dutzende Tote, Tausende Vermisste – aber die USA weisen Fliehende trotz Visumfreiheit ab

Von Stefan Schaaf

Eine Woche nach dem Hurrikan „Dorian“, der mehrere Inseln der Bahamas verwüstete, ist die Zahl der Todesopfer noch nicht abzuschätzen. Bislang wurden 50 Leichen geborgen, aber der Verbleib von 2.500 Vermissten sei ungeklärt, hat ein Sprecher der Katastrophenschutzbehörde des Inselstaates vor der Küste Floridas am Mittwoch bekannt gegeben. Die Zahl der Todesopfer werde sich noch erhöhen, meinte Premierminister Hubert Minnis in einer TV-Ansprache. Die Schäden durch „Dorian“ werden bislang auf 7 Milliarden US-Dollar veranschlagt, sagen Versicherungsexperten.

Sorgen bereiten den Behörden auch mehrere beschädigte Öltanks, aus denen Öl ins Meer fließt, das die Küste der Insel Grand Bahama verschmutzt. Die lokalen Behörden warfen dem Eigner der Tanks, dem staatlichen norwegischen Öl- und Gaskonzern Equinor, vor, zu spät reagiert zu haben. Inzwischen sind laut Equinor Spezialisten vor Ort eingetroffen.

Am Donnerstag nahmen 550 niederländische und 66 deutsche Soldaten auf den Bahamas ihre Hilfstätigkeiten auf. Sie wollten zunächst etwa 40 Fahrzeuge und Material an Land bringen. Der Einsatz werde durch Regen und starken Wind erschwert. Ein zweites Schiff brachte Zelte, Trinkwasser, haltbare Nahrungsmittel und Arzneimittel. Die Niederländer seien auch auf personelle Unterstützung in einem Krankenhaus eingerichtet.

Luftaufnahmen der Insel Great Abaco zeigten ein verheerendes Bild. Der Hafen, Geschäfte, ein Krankenhaus und Landebahnen des Flughafens wurden beschädigt oder ganz zerstört. Die Lage der 17.000 Einwohner auf der Insel Abaco, die der Wirbelsturm als Hurrikan der höchsten Stufe 5 zuerst traf, ist verzweifelt. Ein Video des Miami Herald zeigt endlose Felder zerstörter, zu Bretterhaufen zusammengeschobener Holzhäuser und überschwemmte Wohnviertel, in denen zerbeulte Fahrzeuge treiben. Viele Straßen sind unpassierbar. Auf Abaco seien 90 Prozent der Häuser und In­fra­struktur beschädigt oder zerstört, die meisten Häuser hätten keinen Strom, sagen die Behörden.

Am Hafen warteten Menschentrauben tagelang darauf, mit Booten in Sicherheit gebracht zu werden. Mehr als 5.500 Menschen konnten inzwischen von den verwüsteten Gebieten im Norden der Bahamas auf die Hauptinsel New Providence transportiert worden.

119 Menschen, die am Sonntag mit einer Fähre nach Florida übersetzen wollten, mussten auf den Bahamas bleiben. Alle Passagiere ohne US-Visum wurden aufgefordert, die Fähre zu verlassen, obwohl Bürger der Bahamas ohne Visum in die USA einreisen dürfen. Sie brauchen aber einen Reisepass und ein polizeiliches Führungszeugnis. Es war unklar, ob die Passagiere diese Dokumente dabeihatten. US-Präsident Donald Trump sagte, er wolle keine Personen ins Land lassen, die sich illegal auf den Bahamas aufhielten – darunter seien „sehr schlechte Menschen“. (mit Agenturen)