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Künstliche Befruchtung für alle

Frankreichs Abgeordnete stimmen dafür, dass auch Singles und Lesben Hilfe in Anspruch nehmen können

Aus Paris Rudolf Balmer

In Frankreich könnte bald auch lesbischen Paaren und unverheirateten Frauen eine künstliche Befruchtung erlaubt werden. In erster Lesung hat die Nationalversammlung einem entsprechendem Gesetz zugestimmt. Zuvor hatte es heftige Kritik aus dem kirchlichen Bereich und dem konservativen bis rechten Lager gegeben.

Bisher ist in Frankreich die medizinisch assistierte Fortpflanzung (Procréation médicalement assistée – PMA) heterosexuellen Paaren vorbehalten und in bestimmten Fällen wie Unfruchtbarkeit oder Risiken einer Übertragung von Krankheiten und Erbschäden vorgesehen. Wer nicht zu diesen Menschen gehörte, aber dennoch mit ärztlicher Hilfe ein Kind bekommen wollte, musste dafür ins benachbarte Ausland gehen. Die „PMA für alle“ war ein Wahlversprechen von Staatspräsident Emmanuel Macron. Mit einer Revision der Bioethikgesetze sollen nun also auch Frauen, die solo leben oder in einer lesbischen Paarbeziehung, dank einer In-vitro-Fertilisation legal Mütter werden können.

Für die Gesundheitsminister Agnès Buzyn, die alle Einwände der konservativen Gegner zurückweist, ist die Reform „eine Chance und ein Privileg für unsere Gesellschaft“. Spezifische Probleme für Kinder, die mit alleinstehenden Müttern aufwachsen, seien nicht belegt. Marlène Schiappa, die Ministerin für die Geschlechtergleichheit, wies auf Umfragen hin, die belegten, dass eine Mehrheit in Frankreich für die Öffnung der künstlichen Befruchtung sei: „Die Gesellschaft ist bereit für diese Reform.“

Bevor der am Freitagabend mit Stimmen aus dem Regierungslager und der linken Opposition verabschiedete Gesetzesartikel in Kraft treten kann, müssen die Abgeordneten und auch die SenatorInnen noch dem gesamten Gesetzespaket ihren Segen geben, voraussichtlich im kommenden Jahr. Gerade kirchliche und konservative Kreise aber laufen weiter Sturm gegen diese Reform.

Am 6. Oktober soll in Paris eine Großdemonstration dagegen stattfinden. Obwohl weder die Regierung noch eine der im Parlament vertretenen Fraktionen eine Legalisierung der Leihmutterpraktiken erwägt, behaupten diese Gegner der Öffnung, es werde so gleich auch die Leihmutterschaft durch die Hintertür erlaubt. Ludivine de La Rochère, die als Sprecherin der ultrakonservativen Bewegung „Demo für alle“ schon den Kampf gegen die Homoehe geführt hatte, ist überzeugt, dass „die künstliche Befruchtung ohne Vater automatisch“ die Leihmutterschaft nach sich ziehe. Diese „Katastrophe“ könne noch abgewendet werden.

Dass sich die Regierung in einigen Aspekten bisher nicht festlegen lassen will und die Vorlage noch einige Fragen offen lässt, stärkt den Verdacht der Gegner. So soll beispielsweise eine Altersbegrenzung für Mütter dank künstlicher Befruchtung erst nach Verabschiedung des Gesetzespakets per Dekret definiert werden.

Zur Debatte steht mit der Gesetzesrevision zudem noch die Frage, ob die dank künstlicher Befruchtung geborenen Kinder bei Volljährigkeit Informationen (aber nicht die Identität) zu den Samenspendern oder Eizellenspenderinnen erhalten dürfen. Bisher gilt in Frankreich diesbezüglich eine totale Anonymität. Falls diese teilweise, aber mit ausdrücklicher Zustimmung der Spender und Spenderinnen aufgehoben würde, dürfte es zu einer Verknappung der verfügbaren Zellen kommen, lautet eine Befürchtung.

Heute kommen in Frankreich rund 3 Prozent der Kinder dank einer künstlicher Befruchtung auf die Welt. Laut Le Monde wird infolge der Reform mit rund 2.000 zusätzlichen Anfragen pro Jahr gerechnet.

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