: SPD-Talkshowgesicht gegen CDU-Landwirt
taz geht wählen – die Serie zur Bundestagswahl am 18. September. Die 64 nordrhein-westfälischen Direktwahlkreise im Portrait. Wer kämpft um das Mandat? Wer sind die Außenseiter? Wer gewinnt? Heute: Gütersloh
Gütersloh?340.000 Einwohner in acht Städten und fünf Gemeinden zählt der Wahlkreis 132. Die Städte tragen so hübsche Namen wie Schloß Holte-Stuckenbrock, Rheda-Wiedenbrück oder Herzebrock-Clarholz – Ergebnis von Gebietsreformen in den 1970er Jahren. Größte Stadt ist Gütersloh mit rund 95.000 Einwohnern, den meisten Menschen aufgrund der ansässigen Firmen Bertelsmann und Miele ein Begriff. Auch die Landwirtschaft spielt eine Rolle im tiefen Ostwestfalen – beispielhaft zu sehen an der Vita des CDU-Wahlkreis-Verteidigers Hubert Deittert.
Wer verteidigt den Wahlkreis?
Hubert Deittert, seit 1994 im Bundestag. Der 64-Jährige ist dem Landwirtschaftlichen schon von klein auf sehr verbunden: Nach „landwirtschaftlicher Lehre“ und „landwirtschaftlicher Fachschule“ wurde er selbstständiger Landwirt. In seiner Rolle als CDU-Abgeordneter hat er sich auf die Themen Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, sowie Europa festlegt. Und natürlich auf Landwirtschaft. Seit elf Jahren gewinnt er den Wahlkreis, mit zuletzt sechs Prozent Vorsprung.
Wer will den Wahlkreis?
Sozialdemokrat Klaus Brandner. Bereits seit 1998 sitzt er im Bundestag und ist auch bei der diesjährigen Wahl auf dem sicheren Listenplatz sechs platziert worden. Der 56-Jährige trat schon mehrmals gegen Deittert an – bisher vergebens. Besonders die kleinen, tiefschwarzen ostwestfälischen Dörfer machen ihm immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Sein bestes Wahlergebnis fuhr der Geschäftsführer der IG-Metall Gütersloh im Jahr 1998 ein, nur 2,5 Prozentpunkte trennten ihn von Deittert. Doch Brandner muss sich keine Sorgen machen – seine Karriere als arbeitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion ist durch eine erneute Niederlage gegen Deittert nicht in Gefahr. Brandner bleibt ein Talkshow-Gesicht aus der zweiten Reihe der Sozialdemokraten.
Die großen Außenseiter?
Davon gibt es gleich mehrere. Zum einen wäre da der Politik-Neuling Heiner Kamp, FDP. Erst seit einem Jahr Parteimitglied, erkletterte er die politische Karriereleiter im Eiltempo. Was die Delegierten jedoch nicht davon abgehalten hat, ihn auf dem FDP-Landesparteitag auf Listenplatz 21 zu wählen und somit zumindest seinen bundespolitischen Ambitionen einen Riegel vorzuschieben. Ähnlich wird es Marcel Raschke ergehen. Der 24-jährige Jurastudent tritt für die Grünen an, wird allerdings auf Listenplatz 18 ebenso wenig wie Kamp den Einzug in den Bundestag schaffen. Bleibt noch Fritz Ludwig, der für die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit auf der offenen Liste der Linkspartei antritt. Auch für den Landtag kandidierte er schon – und fuhr einen Achtungserfolg von 3,5 Prozent der Stimmen ein.
Die taz-Prognose?
Deittert wird auch ein weiteres Mal gewinnen. Zwar mit einem geringeren Stimmenanteil, weil es mehr Gegenkandidaten gibt. Aber was macht das schon.MAREN MEISSNER