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Bisschen besser als mittel

Die Nordiren trauern ihren Chancen nach. Bundestrainer Löw führt den DFB-Sieg auf eine gute Idee zurück

Aus Belfast Ralf Sotscheck

„Am Ende zählen die drei Punkte“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Damit hat er das Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft am Montagabend im nordirischen Belfast treffend zusammengefasst. Es war ein Pflichtsieg, mehr nicht.

Die nordirischen Spieler kicken in den unteren Ligen – bis auf drei in der englischen Premier League, allerdings nicht bei Spitzenclubs. Das hat man am Montag nicht immer gemerkt. Normalerweise beklagt Löw bei solchen Gegnern, dass sie massiv mauern, um halbwegs ungeschoren davonzukommen. Ganz anders die Nordiren, wenigstens in der ersten Halbzeit. „Sie haben sehr mutig und sehr offensiv gespielt“, sagte Löw fast empört. Erst in den zweiten 45 Minuten gewann das deutsche Team die Oberhand, was Löw auf seine taktische Umstellung zurückführte. Er habe seine Spieler angewiesen, sich bei Ballbesitz so zu positionieren, dass mehrere Optionen für einen Pass entstehen. Klingt recht einleuchtend.

Nordirlands Trainer Michael O’Neill hatte vor dem Spiel gesagt, schon die Erwähnung des Namens Deutschland erfülle die meisten Gegner mit Furcht. Das war diesmal nicht so. Entsprechend war er danach enttäuscht: „Es war eine verpasste Gelegenheit. Wir haben unsere Chancen nicht genutzt.“ Davon gab es in der ersten Hälfte dank der deutschen Passungenauigkeit und löchrigen Abwehr einige.

„Wir liegen im europäischen Mittelfeld“, meint O’Neill. Und die Deutschen? „Das Team steckt noch in den Kinderschuhen, aber es hat Potenzial“, sagte er höflich und prophezeite Kai Havertz eine große Karriere. Der durfte aber erst nach 68 Minuten ran. Löw wies nach dem Spiel mehrmals darauf hin, dass sein Team sehr jung sei. Als ob das ein Manko ist. Mit den alten Herren, die er voriges Jahr zur Weltmeisterschaft mitgenommen hatte, lief es ja auch nicht sonderlich gut. Außerdem stimmt die Sache mit dem Kindergarten nicht: Die Jüngsten in der Startelf waren Julian Brandt, Lukas Klostermann und Timo Werner, alle sind 23 Jahre alt. Dafür standen mit Manuel Neuer, Toni Kroos und Marco Reus drei Spieler um die 30 auf dem Platz.

Der Weg zurück an die Spitze des europäischen Fußballs sei nicht leicht, sagte Löw. Man habe aber noch ein paar Gruppen- und Freundschaftsspiele, sodass man für etwas Kontinuität vor der EM sorgen könne. Dass sich sein Team dafür qualifizieren wird, ist in Anbetracht der Konkurrenz ziemlich sicher. Den Nordiren, die mit vier Siegen gegen Estland und Weißrussland gestartet waren, wird nur der dritte Platz bleiben.

In irischen Fußballkreisen wird derzeit auch der Brexit diskutiert. Fällt das Vereinigte Königreich ausein­ander? Was passiert dann im Sportbereich? In vielen Sportarten treten Irland und Nordirland mit einem gemeinsamen Team an, zum Beispiel im Rugby, Feldhockey und Cricket. Dabei wehen dann neutrale Flaggen, und neutrale Hymnen werden gespielt. Während England, Schottland und Wales auch im Fußball eigene Hymnen haben, hält Nordirland nach wie vor an der britischen Nationalhymne „God Save the Queen“ fest, wodurch der katholisch-nationalistische Bevölkerungsteil ausgegrenzt wird.

Dabei hätte man Alternativen. Van Morrison, der aus Belfast stammt, war im März vor dem Spiel gegen Weißrussland im Hotel des nordirischen Teams. Nach dem Schlusspfiff spielten sie seinen Song „Days Like This“. Bei einer Umfrage der Ulster University befürworteten 54 Prozent der befragten Nordiren eine gesamtirische Fußballmannschaft. Die Gewichtung war allerdings sehr unterschiedlich: 70 Prozent der Katholiken waren dafür, aber nur 39 Prozent der Protestanten. Einer davon, der Belfaster George Best, der beste Linksaußen aller Zeiten, war von der Idee begeistert.

Aber die Funktionäre waren es nicht. Die hängen logischerweise an ihren Pöstchen. Ohnehin wäre ein gesamtirisches Team nicht automatisch ein Qualitätssprung. Die EM 2016 waren das erste internationale Turnier, für das sich beide irische Mannschaften qualifiziert hatten. Nächstes Jahr werden zumindest die Nordiren zuschauen müssen.

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