Wasser in Gefahr

Volksbegehren für sauberes Grundwasser und gegen Fracking in Schleswig-Holstein gestartet. Allerdings prüft das Verfassungsgericht noch die Zulässigkeit der Initiative

Wollen Grundwasser vor Fracking, Gas- und Ölförderung schützen: Die Initiatoren stellen am Montag ihre Kampagne vor Foto: Carsten Rehder/dpa

Von Sven-Michael Veit

Für sauberes Grundwasser und gegen Fracking wurde am gestrigen Montag in Schleswig-Holstein ein Volksbegehren gestartet. Das Ziel der Initiative besteht darin, Wasser besser vor den Risiken der Gas- und Ölförderung zu schützen. „Geheime Bohrpläne, unbekannte Gefahrstoffe, vertuschte Korruptionsvorwürfe – es ist höchste Zeit, dass wir Bürger den Schutz unseres Wassers und die Aufdeckung von Gefahren selbst in die Hand nehmen“, so die Initiative, die unter anderem von Patrick Breyer, ehemaliger Landtagsabgeordneter und jetzt Europaparlamentarier der Piraten, und Reinhard Knof, Sprecher der „Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager und Fracking“, vertreten wird.

Sie fordern unter anderem, dass künftig Anträge auf Probebohrungen öffentlich gemacht werden. Bisher gilt Geheimhaltung zugunsten der Energieunternehmen, die sich potenzielle Claims sichern wollen. Die Initiative möchte auch eine vollständige Haftung von Konzernen für Umweltschäden, die von ihnen verursacht wurden, durchsetzen. Danach sollen Firmen für alle Veränderungen und Schäden zur Rechenschaft gezogen werden können, inklusive einer Wiederherstellung des Zustandes vor einer Bohrung – was schwierig sein dürfte, wenn der Untergrund durch hohen Druck aufgebrochen wurde.

Hinter der Initiative steht ein breites Bündnis aus Organisationen, Initiativen und Parteien, darunter der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), der Umweltverband BUND Schleswig-Holstein, die Schutzstation Wattenmeer, Attac, diverse Initiativen sowie SPD, SSW und Piratenpartei.

Um einen Volksentscheid zu erreichen, müssen bis zum 2. März nächsten Jahres mindestens 80.000 gültige Unterstützerunterschriften gesammelt werden. „Wir glauben, dass wir das schaffen“, so Breyer. In der ersten Phase der Volksinitiative 2018 waren bereits 42.000 Unterschriften zusammengekommen, mehr als doppelt so viele wie notwendig (siehe Kasten).

Es gebe im Land zunehmend Probleme, eine ausreichende Wasserversorgung zu gewährleisten, sagte Reinhard Knof von der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager. Zu den Unterstützern zählt auch Comiczeichner Rötger Feldmann alias Brösel. Wegen ein paar Tropfen Öl und Gas werde die Landschaft kaputtgemacht: „Nichts ist sicher, gar nichts“, glaubt Brösel. Ein Cartoon von ihm mit dem Slogan „Frackt euch selber“ begleitet die Kampagne der Volksinitiative.

Die Volksgesetzgebung ist in Schleswig-Holstein dreistufig:

Volksinitiative: Sie ist erfolgreich, wenn mindestens 20.000 Abstimmungsberechtigte zugestimmt haben. Übernimmt der Landtag das Anliegen nicht, kommt es zum …

Volksbegehren: Mindestens 80.000 Abstimmungsberechtigte müssen innerhalb eines halben Jahres durch Unterschrift zustimmen. Übernimmt der Landtag das Anliegen nicht, kommt es zum …

Volksentscheid: Ein Volksentscheid ist erfolgreich, wenn die Mehrheit derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, jedoch mindestens 15 Prozent der Abstimmungsberechtigten zugestimmt haben.

Das Verbot von Fracking ist der zentrale Punkt der Initiative. Dabei wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem Druck in den Boden gepresst. So entstehen im Gestein Risse, durch die zum Beispiel Erdgas entweichen und an die Oberfläche gelangen kann. Kritiker befürchten deshalb Gefahren für das Grundwasser. Fracking wird in Schleswig-Holstein zwar nicht praktiziert. Die Volksinitiative will aber erreichen, dass es auch rechtssicher untersagt wird.

Ob Volksbegehren und Volksentscheid aber der richtige Weg dahin sind, ist umstritten. Im Kieler Landtag will aktuell nur die AfD fracken lassen. Dass grüne Umweltministerium bedauert, dem Land seien die Hände gebunden. Denn der Bund habe Fracking im Bundes-Wasserhaushaltsgesetz geregelt. Darauf mit Verboten im Landeswassergesetz zu antworten, sei „nicht rechtskonform“.

Breyer würde es auf einen Versuch ankommen lassen, weil kein Gerichtsurteil einem Bundesland verbiete, aus dem Fracking auszusteigen. Das kann sich rasch ändern. Am 1. Oktober verhandelt das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht in Schleswig darüber, ob die Forderung der Volksinitiative nach einem Fracking-Verbot überhaupt zulässig ist.