Ab ins Präsidialamt
: Altersvorsorge

Steine fliegen vom Dach, es regnet durch, Lärm, Dreck

Neulich habe ich an dieser Stelle über meine vermaledeite Wohnsituation geschrieben. Die Eigentümer des Hauses, in dem ich in Prenzlauer Berg wohne, lassen gerade das Dachgeschoss ausbauen. Unser Leben ist dadurch arg strapaziert: Steine fliegen vom Dach, es regnet durch, Lärm, Dreck, Schwarzarbeit, das ganze Programm. Außerdem werden wir den Eindruck nicht los, dass die Eigentümer es besser fänden, zögen wir alle mit einem Schlag aus. Dann könnten sie superteuer neu vermieten.

Die Idee mit dem Auszug lasse ich mir seit einiger Zeit durch den Kopf gehen. Und ich finde, ich könnte ausziehen. Ich weiß auch schon, wohin: ins Bundespräsidialamt. Und das geht so:

Meine Tochter beginnt demnächst ihr Studium, sie wird angewandte Mathematik studieren, Anwendungsfach Physik. Das ist großartig, nicht nur, weil das Fächer sind, in denen man Frauen mit der Lupe sucht. Sondern vor allem, weil unsere Kanzlerin es mit einem Physikstudium bis ganz nach oben geschafft hat.

Ich finde aber, dass meine Tochter als Ziel nicht das Bundeskanzleramt haben sollte, sondern das Bundespräsidialamt. Da muss sie nicht ganz so viel arbeiten, kriegt aber viel mehr Geld dafür und darf auch noch ins Schloss. Auch politisch wäre der Weg meiner Tochter einwandfrei.

Vor einem Jahr hatten wir einen Präsidenten, der mit seiner Patchworkfamilie und einer tätowierten Frau im Bellevue residierte. Jetzt haben wir einen Präsidenten, der gleich zwei Frauen hat. Mit der einen ist er verheiratet, mit der anderen lebt er zusammen. Und meine Tochter könnte in ein paar Jahren einfach sagen: Ich nehme ins Schloss nicht nur meine Großfamilie mit, sondern auch meine alte, kranke Mutter. Das ist wahrhaft gelebte Generationengerechtigkeit. Und die Lösung aller meiner Wohnungsprobleme.

SIMONE SCHMOLLACK