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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Für die PatientInnen

■ betr.: „Ärzte jammern und drohen“, taz vom 3. 9. 12

Welche Maßnahme empfiehlt Heike Haarhoff, wenn es nicht „Jammern und Drohen“ sein soll, wenn Ärzte hierzulande die Überzeugung gewinnen, dass a) ihre persönliche Existenz bedroht, b) dieses auch durchaus Absicht ist, um die Ware Arzt noch mehr zu verknappen, c) damit dann mit Billigkräften aus Fernab d) Shareholder der Großkonzerne mit der Schmalspurversorgung („Leitlinie“) Profit machen können? 2004 kam ein neuer Berechnungsmaßstab (EBM) mit 5,11 ct/pro Leistungspunkt. In 2008 stimmte die Ärzteschaft wegen angeblich knapper Kassen einer vorübergehenden Absenkung auf unter 4 ct/Pkt. zu. Nun hat die GKV 20 Milliarden Euro gespart – auch dank der Ärzteschaft. Eine Rückkehr zum Punktwert 5,11 ct ist nun angesagt, plus Inflationsausgleich. Das wären immer noch nur 3,5 Milliarden Euro. Stattdessen sollen weiterhin Landstriche arztfrei gehalten werden, sollen weiterhin jährlich Tausende Ärzte das Land verlassen? Die Ärzte gehen für gute Versorgung der Patienten auf die Straße, dafür dass der Arztberuf mit seinen Belastungen dennoch für die Klügsten attraktiv bleibt. Oder wollt ihr etwa von der C-Klasse operiert werden? Ich nicht. FRIEDERIKE PERL, Stuttgart

Das glaubt kein Mensch

■ betr.: „Rumpelstilzchen in Weiß“, taz vom 3. 9. 12

Wann kommt sie denn endlich, die überfällige grundlegende Umstrukturierung unseres Gesundheitssystems, das für alle Beteiligten (auch für die Kassen, die Klinikträger und für sehr viele Patienten!) als schnödes Selbstbedienungsmodell herhalten muss und allein dadurch unsäglich-überflüssige Kosten verursacht, oder doch zumindest zulässt?! Ich finde es entsetzlich, wie diese „Diskussion“ um das Thema Gesundheitskosten, Ärztehonorare, Kassenbeiträge permanent und anscheinend unkorrigierbar fragmentiert geführt wird.

Ich wäre manchmal wirklich froh, für ein solides Angestelltengehalt, mit tariflich geregelten Arbeitszeiten, Freizeitausgleich und anderen Annehmlichkeiten eines Angestelltenlebens arbeiten zu können, anstatt mein Geld im Rahmen einer ca. 52-Stunden-Woche verdienen zu müssen, einen Betrieb führen zu müssen. Wie sieht es aus, wenn man diese 165.000 Euro auf ein „normales“ Arbeitspensum von ca. 38,5 Stunden „herunterrechnet“, davon noch die vollen Sozialabgaben und den Spitzensteuersatz abzieht? Aus vielfach gemachter Erfahrung weiß ich, dass dieser tatsächliche Verdienst von kaum jemand für real gehalten wird. Unser unsägliches System ermöglicht uns unser immerhin doch sehr solides Mittelstandseinkommen nur unter der Bedingung, dass wir Aberhunderte Patienten im Fließbandverfahren „abfertigen“ müssen, da wir pro Patient mit ca. 40 bis 70 Euro Bruttohonorar im Vierteljahr „honoriert“ werden. Aber das glaubt ja kein Mensch. JOACHIM BOEGEL, Stuttgart

Ärzte als Bonzen?

■ betr.: „Ärzte wollen es knallen lassen“, taz vom 4. 9. 12

Wie wäre es denn, klar zu benennen, was die Grundlage des mehrfach genannten durchschnittlichen Ärztegehalts von 165.000 Euro ist? Nämlich ein Auftragsgutachten der Krankenkassen, die mit diesen Honorarkürzungen von gut sieben Prozent durchboxen wollten. Heike Haarhoff stellt diese Gehaltshöhe als Tatsache dar und trägt diese Zahl in jedem ihrer Artikel und Kommentare als Monstranz vor sich her. Von der taz bin ich da anderes gewöhnt. Bei der Bewertung eines Durchschnittswerts ist zudem auch immer relevant, wie weit um den Mittelwert gestreut wird, das heißt: Haben alle in etwa das gleiche Einkommen oder verdienen ein paar richtig viel und ein paar eher wenig? Zweiteres ist in der Ärzteschaft der Fall und sollte auch dementsprechend erwähnt werden. So wie Haarhoff die Sache darstellt, zementiert sie im Sinne der Krankenkassen das generelle Bild der Ärzte als Bonzen. Dieses Bild entspricht bei vielen Ärzten nicht der Realität, wird aber mit solchen Artikeln in den Köpfen der Bevölkerung verankert. ANDREAS GRAICHEN, Regensburg

Streikrecht wird pervertiert

■ betr.: „Ärzte wollen es knallen lassen“, taz vom 3. 9. 12

Das Streikrecht in Deutschland wird pervertiert, wenn es von Eliten, wie jetzt von den Ärzten mit Jahreseinkommen von 165.000 Euro, missbraucht wird! Diese Unternehmer im Gesundheitswesen sind dabei, ihre Reputation und das Vertrauen in der Bevölkerung zu verlieren. Sie werden in Zukunft als Raffkes angesehen, das sind keine guten Voraussetzungen für ein Arzt-/Kundenverhältnis!

SYNOPTIKER, taz.de