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Limited Edition: Bloß eine Ziege hört ihm zu

Die taz stellt in der Serie „Limited Edition“ Bremens Zine-Szene vor. In Teil 5 führt Tanja Hehns Comic „The Adventures of El Felino Superhero“ vor, was für ein enormer ästhetischer Überschuss aus der Reibung von Kunst und Genre entstehen kann – obwohl sich das Heft dabei recht erfolgreich als Witz verkleidet

VonJan-Paul Koopmann

High Noon auf der grünen Wiese: Aufgestaute Feindschaft entlädt sich endlich im finalen Kampf zwischen Superheld und Superschurke. Da wird sich mit Worten duelliert, mit Superpowers gegenseitig ausgetrickt und auch so ganz normal physisch auf die Fresse gehauen. Und obwohl in diesem Comic bemerkenswert unklar bleibt, wer von beiden nun eigentlich der Gute ist, kapiert man die Situation sofort. „The Adventures of El Felino Superhero“ gibt scheinbar ohne irgendwelchen Schnickschnack die Essenz des Genres wieder – und stellt es dabei aber klammheimlich auf den Kopf.

Geschrieben, gezeichnet und eigenhändig verlegt hat den Band die Bremer Künstlerin Tanja Hehn. Schon das Siebdruckcover des DIN-A4-großen Heftes verrät ihren künstlerischen Zugriff auf das Massengenre. Dies ist keins von diesen (ihrerseits natürlich auch höchst ehrenhaften) Fanart-Heften, die versuchen, mit Engagement wettzumachen, was ihnen im Vergleich mit den Großverlagen an Geld und Personal fehlt. Formal ließe sich sagen: „The Adventures of El Felino Superhero“ schaut als Do-it-yourself-Kunstcomic interessiert, aber immer wieder mit ironischen Brechungen auf das Thema Superheld.

Eine Parodie ist es darum aber nicht. Das ginge auch gar nicht, weil dem Superheldenstoff die kritische Selbstreflexion längst fest eingeschrieben ist. Seit rund 30 Jahren ist „Superheld ohne Meta“ auch bei Marvel und DC überhaupt nicht mehr denkbar – und umgekehrt hat ja auch die Independent-Szene inzwischen ein ernsthaftes Interesse an den maskierten Held*innen entdeckt. Dazu kommen unzählige Grenzgänger*innen wie etwa „One Punch Man“ des japanischen Künstlers One, der erst vom locker aus der Hand gekritzelten Webcomic in die Mangaregale auch deutscher Bahnhofsbuchhandlungen gewandert war – und heute verfilmt auch auf Netflix zu sehen ist.

Bei Tanja Hehn trifft nun der übercool sonnenbebrillte Infinityman auf einen Katzenmenschen namens El Felino. Über neun meist halbseitige Panels wird gerannt, ausgeholt, geschlagen und auf verschwitze Gesichter gezoomt. Welche übernatürlichen Kräfte die beiden haben, bleibt auch den Figuren selbst lange rätselhaft. „It’s not a superpower“, erklärt Infitiyman als Sieger der ersten Runde: „I‘m just stronger than you.“

Das ist eben der Witz: Die klassische Fragen, was Helden zum Helden macht und so weiter, werden hier direkt in der Action verhandelt. Oder so: Infinityman hat einen Hang zu ausgesprochen flachen Wortwitzen, die beim Lesen zwar ganz lustig rüberkommen – ihre eigentliche Komik aber erst offenbaren, wenn sich beim Umblättern klärt, dass der narzistische Spaßvogel eigentlich ein Selbstgespräch führt, dem nur eine Ziege zuhört.

„The Adventures of El Felino Superhero“ ist eine Arbeit, die in sonderbarer Ruhe um sich selbst kreist. Die Erzählung spielt dabei auf mehreren Ebenen mit ihrer eigenen Zeitlichkeit. Das steckt im bereits im Namen Infinityman, aber auch darin, dass (Achtung: Spoiler!) El Felino als Katze nicht nur ein Leben hat. Was als Genrestudie beginnt, wird schleichend zu einer Meditation über Gewalt und abstrakte Rivalität.

Und eben dieses aufregend unbestimmte Pendeln zwischen Kunst, Witz und Genre funktioniert so gut wahrscheinlich wirklich nur in diesen handgemachten Kleinstproduktionen ohne Vermarktungsdruck, Verlage und sich verhärtende Erwartungshaltungen der Leser*innenschaft.

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