: Brust voller Gedicht
Poetischer Aufschrei einer Versschmiedin
Ein wahrlich ergreifender Brief erreichte die Wahrheit-Redaktion in dieser Woche. Außen das Gewitter, innen der Aufruhr der Seele! Ganz die Schule der Romantik. So schrieb uns der Verlag der deutschen Literaturgesellschaft, um uns auf das 133 Seiten schwere Buch der Dichterin Elvira Kujovic hinzuweisen, das wir als Freunde der Poesie für gute 21 Euro erwerben könnten. Das Werk trägt den Titel: „Ein Gedicht schreit auf aus meiner Brust.“ Und uns schreit eine Glosse aus dem Magen an. Dachten wir angesichts eines poetischen Aufschreis, der seinesgleichen sucht. Bekommen wir doch als Anreiz ein brustvolles Beispiel-Poem, das „Lyrische Alltagsbewältigung“ heißt und die Seelenpein der Dichterin aufblitzen lässt: „Wir leben, lieben und genießen“, beginnt die hohe Poetin und fährt im Kalenderspruchtonfall fort mit ihrer „Wir“-Litanei: „Wir sind glücklich, traurig und sehnsüchtig, eben menschlich.“ Unmenschlich banal, aber es geht noch schlichter: „Dazu gehört die Liebe, Toleranz, Empathie und die Neugier …“ und damit brechen wir die reim- und reizlose Aufzählung ab. Denn wir Freunde der Poesie sind nicht empfangsbereit für hochtönendes Erweckungsgesumse einer von sich selbst ergriffenen Kalenderversschmiedin. So haben wir 21 Euro gespart. Das schreit nach ein paar Bier.
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