berliner szenen
: Beten, damit es warm wird

Während ich mir in einem Kiosk ein Samosa hole, komme ich mit dem Besitzer, der aus Indien kommt, ins Gespräch. Er kommt aus dem Norden, ich erzähle ihm, dass ich mal länger im Süden war. Und während er das Samosa einpackt, unterhalten wir uns über Politik. Er sagt, dass er den Premierminister gut findet, weil er dem Land Fortschritt bringe. Ich sage ihm, dass er aber doch Minderheiten unterdrücke, Muslime, Christen. Der Kioskbesitzer sagt, dass der Premier Christen gar nicht so schlimm unterdrücke und er selbst mit Muslimen auch seine Probleme habe, auch mit denen in Berlin. Ich werde still und überlege kurz, ob wir nun weitersprechen sollten. „Warum?“, frage ich irgendwann und möchte herausfinden, woher seine Vorurteile kommen und warum er sie nach Berlin überträgt.

Er sagt, denen könne man nicht über den Weg trauen. Ich frage mich, was ich entgegnen soll. Sage ihm dann, dass das Quatsch sei. Er lacht. Wir werden uns nicht einig. Ich versuche es vorsichtig und sage, pauschal Menschen abzulehnen, das gehe doch nicht. Er ist einsichtig und sagt, er hätte hier gemerkt: Wenn er selbst nett ist, seien es die anderen auch.

„Aha!“, sage ich und freue mich, dass sich die Situation irgendwie auflöst und mein Argument wenigstens fürs Erste genügt hat. Als jemand den Laden betritt, ertönt indische Musik und der Kioskbesitzer erklärt mir währenddessen, dass Religion gar nicht so wichtig sei.

„Sind Sie denn religiös?“, frage ich ihn. Er erzählt, dass er immer einmal am Tag bete, und zwar dann, wenn er unter der Dusche stehe und das Wasser nicht warm werde. Wir fangen beide an zu lachen. Ich beiße in mein Samosa und wünsche ihm noch einen schönen Tag, bevor ich durch die Tür nach draußen gehe und die indische Musik wieder losdudelt. Lea De Gregorio