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Schwarzer vor Schick

Wo bleibt die Stecktabelle für Feministinnen?

Tabellenzeichnung: ©Tom:

Ein Glück! Bald ist endlich die fußballlose Zeit vorbei. Untrügliches Zeichen dafür ist das Erscheinen des Kicker-Sonderbands zur neuen Bundesliga-Saison mit seinen berühmten altbackenen Berichten und schlingernden Schlagzeilen. Jedes Jahr das selbe: Sprachquark der blubberndsten Sorte.

Eins aber bleibt auch jedes Jahr gleich: Trotz aller Digitalisierung immer noch unverzichtbar ist die legendäre Stecktabelle aus Pappe mit den Wappen sämtlicher Mannschaften der 1. und 2. Bundesliga sowie der 3. Liga. Vorsichtig müssen die einzelnen Vereinsembleme herausgepult werden, und wer nach zwei Stunden Bastelarbeit stolz das vollständige Werk betrachtet, der freut sich wie Bolle und de Beauvoir auf die neue Saison, in der Spieltag um Spieltag die kleinen Bildchen glücklich neu gesteckt werden dürfen.

Apropos freudig genießen: Warum gibt es diese Glückseligkeit produzierenden Stecktabellen eigentlich nicht in anderen Bereichen wie zum Beispiel im Feminismus? Warum wird keine Rangliste mit kunstvollen Logos der einzelnen Damen veröffentlicht? Kann es sein, dass Feministinnen deshalb so missmutig auftreten, weil ihnen ähnlich spielerische Mittel nicht an die Hand gegeben werden?

Dabei ließen sich mit Hilfe der Stecktabelle die wahrhaft wichtigen Fragen des Feminismus sofort ablesen: Steht Alice Schwarzer immer noch an der Tabellenspitze oder ist sie aufgrund einer falschen Transferpolitik längst eine graue Maus im Mittelfeld? Befindet sich Margarete Stokowski bereits auf einem Champions-League-Platz und wird sie trotz der schmerzhaften Blutgrätsche, die ihr zuletzt durch die süddeutsche Abwehr zugefügt wurde, wieder bedingungslos alte weiße Männer angreifen? Und was ist mit den Aufsteigern? Ist Hengameh Yaghoobifarah nach ihren Kartoffel-Fouls der vorigen Saison Abstiegskandidatin Nummer eins? Wird ihr Sibel Schick nach miserabel bedichteten Männern und Blößen in der Verteidigung ins Unterhaus des Feminismus folgen?

Das wäre mal eine verdienstvolle Aufgabe für die Damen-Zeitschrift Missy Magazine: eine Stecktabelle für und mit Feministinnen, damit nicht nur die mürrischen Frauenfrauen, sondern auch wir neutralen Beobachter am Rande des Spielfelds ein wenig mehr Spaß haben in dieser hoffentlich spannenden Feminismus-Saison 2019/20.

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