Anna Klöpper Der Wochenendkrimi: Man kurvt so über die Schotterstraßen, und auch der Fall kurvt so dahin
Die Shetlandinseln sind eine felsige Inselansammlung zwischen Schottland, den Orkney-Inseln und den Färöern – also so richtigjwd,wie die Berlinerin, die von richtigen Handyfunklöchern und echtem Meeresrauschen ja bloß träumen kann, angeblich sagt. Es gibt also – zumindest in den Shetlandkrimis der BBC ist das so – schmale Schotterstraßen, knarzig-einsilbige Ureinwohner und reichlich, auch reichlich einsame, Strände. Das Wetter scheint im Wesentlichen kalt und nass zu sein, kuschliges Norwegerpulliwetterall year roundalso. Doch natürlich taugen vermeintliche Idyllen nicht viel, die Menschen haben auch hier Probleme – sie lassen sich scheiden, sie werden alt und einsam und gemein, sie werden spielsüchtig, und Drogen nehmen sie auch.
Tatsächlich werden plötzlich eine ganze Menge bunter Pillen, abgepackt in kleinen Plastiktütchen, an einen der pittoresken Strände gespült. Ein kleiner Junge platscht durch die Wellen, findet ein Tütchen, natürlich probiert er die smartiesähnlichen Dinger, die aber keine Schokolinsen sind, sondern gepanschtes MDMA. Der kleine Junge landet auf der Intensivstation, und die Pillen bei Detective Inspector Jimmy Perez (Douglas Henshall) auf dem Schreibtisch.
Kompliziert wird’s, als eine Leiche im Greifarm des Krans hängt, mit dem ein Hafenmitarbeiter die Container entlädt, die mit der Fähre vom Festland ankommen. Der junge Mann, Robbie (Andrew Rothney), wurde bereits als vermisst gemeldet: Ein paar Tage zuvor hatte er auf der Heimfahrt vom Festland mit Leanne (Sarah Vickers) geknutscht, die wiederum ein paar freie Tage auf den Shetlandinseln verbringen will. Als Leanne vom 7-Uhr-Weckgong im Schlafsessel der Fähre erwacht, ist Robbie weg. „Er hat die Fähre nie verlassen“, ist sich Leanne gewiss. Tatsächlich ist er in dem Container erstickt. Doch gerade als DI Perez richtig ermitteln will, darf er nicht mehr: Angeblich hat er einen Verdächtigen (Ciarán Hinds) mit einer allzu rüden Interviewtechnik traktiert, jetzt soll ihm der Fall entzogen werden. Das kommt Perez, Pardon, spanisch vor.
Die ARD fasst immer zwei Episoden der dritten Staffel – Erstausstrahlung fürs deutsche Fernsehen – zu einer Doppelfolge zusammen. Das sind knapp zwei Stunden Krimi, was irgendwie wahnsinnig entschleunigend wirkt, wenn man sonst auf die 45-Minuten-Netflix-Serie konditioniert ist. Man kurvt so mit der Kamera mit über die Schotterstraßen, und der Fall kurvt so dahin. Und das passt schon.
Mord auf Shetland: „Der Vermisste“, So., 21.45 Uhr, ARD
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