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Schließt sich das Fenster wieder?

Auf einer Kölner Tagung zur Restitution trafen Experten und Aktivisten aufeinander

Restitutionen seien zugleich Spiegel eines Verlusts. Eine Rückgabe bliebe unvollständig, wenn sie nicht begleitet würde durch eine umfassende Reflexion des Phänomens Kolonialismus und ihrer spezifischen Umstände. Felwine Sarr, zusammen mit Bénédicte Savoy Autor des 2018 von Präsident Macron in Auftrag gegebenen Restitutionsberichts, beherrscht den Blick aus der Vogelperspektive, selbst wenn das Thema ihn nicht kalt lassen kann. Auf der Kölner Tagung „Museum Collections in Motion“ war er der ruhende Pol in einer aufgeheizten Debatte, bei der Aktivisten, Experten aus afrikanischen Ländern und europäische Historiker und Ethnologen aufeinandertrafen.

Eine kontroverse Diskussion hatten sich die Initiatoren, die Gründer von boasblogs.de, gewünscht. Viele der Tagungsgäste hatten bereits auf ihrer Internetseite publiziert, die im Zuge der Debatte um das Humboldt-Forum gegründet worden war. Dabei verkannten sie die Dringlichkeit, mit der Aktivisten symbolische Gesten der Dekolonisation über kleinteilige Forschungsfragen stellen. Auf der anderen Seite zeigten die Wissenschaftler bei dem Wunsch, über Dekolonisation zu sprechen, unfreiwillig eine koloniale Haltung, wie es Nanette Snoep, die Direktorin des Rautenstrauch-Joest-Museums, ausdrückte.

Heilsam war ein Moment gemeinsamer Stille, als die Vertreterin der National Museums of Namibia, Cynthia Schimmang, von ihren Recherchen in der Ethnologischen Sammlung Berlin berichtete, wo sie auch Spielzeug fand. Was trieb die Kolonisatoren an, als sie Hererokindern nahmen, was doch nur für diese eine Bedeutung haben kann?

Rückgaben seien notwendig, damit das junge Afrika sich selbst als Teil einer Tradition begreife, bekräftigte Sarr. Er erinnerte aber auch daran, dass sich nach mehr als hundert Jahren die Semantik der Objekte verändert habe. Nun stelle sich die Frage der Resozialisierung der Objekte, die auch in Schulen und kommunalen Zentren ihren Platz finden könnten. Das Jahr 2018 sei ein historisches Fenster gewesen. „Was im symbolischen Raum passiert, ist nicht zu kontrollieren, auch wenn das Fenster, das die Politik geöffnet hatte, wieder zuzugehen scheint“, sagte Felwine Saar nach seinem Vortrag: Macron hatte wenige Tage zuvor einen Rückzieher im Fall erster Restitutionen gemacht, aus Rückgaben wurden Leihgaben.

Felwine Saar forderte aber auch mehr Professionalität bei den Forderungen nach Restitutionen ein. Die Zivilgesellschaften der afrikanischen Nationen müssten dafür sorgen, dass die Regierungen das Thema ernst nehmen würden. Unglaublich sei, dass die Kulturabteilung der Afrikanischen Union bis vor Kurzem nicht einmal über das Erscheinen des Restitutionsberichts unterrichtet war. Der nigerianische Jurist Folarin Shyllon bezeichnete auf der Tagung den Bericht hingegen als „bahnbrechend“.

Auf der Tagung kamen neue Forschungen zum Völkerrecht zur Sprache, es wurde unisono gefordert, dass die Museen ihre gigantischen Bestände transparent machen müssten. Weiterhin werden die Aktivisten wie Berlin postkolonial den Finger in die Wunde legen, wenn Institutionen allzu träge reagieren. Felwine Sarr ist schon auf sehr vielen Tagungen aufgetreten. Doch in Köln sei ihm erstmals klargeworden, worum es bei der Konfrontation zwischen Aktivisten und Museumsleuten gehe, sagte er beim Stehlunch am letzten Tag. Er brauche jetzt erst mal eine Auszeit bis September, um die Situation zu überdenken. Carmela Thiele

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