heute in hamburg
: „Abriss ist keine Option“
Interview Inga Kemper
taz: Frau Sassenscheidt, warum soll die Cremonbrücke erhalten bleiben?
Kristina Sassenscheidt: Die Fußgängerbrücke bildet ein Ensemble mit dem dahinter liegenden Gebäude der Bundesbank von 1981, das schon länger unter Denkmalschutz steht. In den letzten Jahren sind viele jüngere Denkmäler in der City verschwunden – umso wichtiger sind diejenigen, die es noch gibt. Außerdem ermöglicht die Brücke einen entspannten Weg über die sechsspurige Straße und weite Blickbeziehungen in Altstadt und Hafencity.
Die Verkehrsbehörde plädiert für den Abriss der Cremonbrücke mit ihren Rolltreppen und will stattdessen einen ebenerdigen Übergang bauen. Ist das keine Option?
Solange sich an der Verkehrsbelastung nichts ändert, müssten Fußgänger ja weiterhin an einer Ampel warten. Tunnel sind laut Verkehrsplanern viel zu teuer und aufwendig. Grundsätzlich finde ich es sinnvoll, den Fußgängern mehr Raum zu geben. Und selbst wenn die Willy-Brandt-Straße irgendwann kleiner werden sollte, wird die Brücke immer ihre Funktion als Aussichtsplattform haben. Vielleicht wird sie dann auch begrünt und möbliert wie zum Beispiel die ehemalige Güterzugtrasse High Line in New York. Abriss ist keine Option.
Was verbirgt sich hinter der Corner-Aktion, zu der Sie heute aufrufen?
Wir laden zum öffentlichen Cremant-Trinken ein: Alle, die sich für die Brücke interessieren, können mit Cremant vorbeikommen und gemeinsam den Sonnenuntergang genießen. Um 20.30 Uhr gibt es einen kleinen Vortrag zur Geschichte der Brücke und ihrer Umgebung. Über Facebook haben schon sehr viele Leute ihr Interesse an der Veranstaltung bekundet, auch Musiker, die gern auf der Brücke spielen möchten.
Überrascht Sie die große Resonanz?
Kristina Sassenscheidt, 41, ist Architektin und Geschäftsführerin des Denkmalvereins Hamburg.
Nein, weil die Zeit wirklich reif dafür ist, sich diesen besonderen Stadtraum anzueignen. Ich bin immer wieder überrascht, wie friedlich es auf der Brücke ist. Die Autos und ihren Lärm nimmt man oben anders und weniger wahr. Sie wirken eher wie ein landschaftliches Erlebnis – wie ein Fluss, der unter einem her fließt.
Was ist aus architektonischer Sicht spannend an der Brücke?
Viele Stadträume in Hamburg sind inzwischen sehr einheitlich und konventionell gestaltet. Die Brücke bringt etwas herrlich Divenhaftes in den Stadtraum und schafft zugleich eine wichtige Orientierung für Hamburger und Touristen.