: Aufs Gleis gesetzt
Neue Bahnen in den Westen: Hamburg will S-Bahn nach Lurup und Osdorf bauen, die U5 soll im Volkspark enden. Baudauer mindestens bis Mitte der 30er-Jahre, Kosten unklar
Von Sven-Michael Veit
Schnellbahnen seien „das Rückgrat der Mobilität in dieser Stadt“, sagt SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher. Den Nahverkehr „umweltfreundlich und komfortabel auszubauen, ist das zentrale Thema unserer Politik bis 2030“, fügt er hinzu. Und deshalb soll es neue Bahnen auf neuen Gleisen in den Hamburger Westen geben. So nachdrücklich, wie seit Jahren der Wohnungsbau vom Senat betrieben wurde, werde nun die Förderung von U- und S-Bahnen intensiviert werden.
Und dafür stellte Tschentscher am Dienstag im Rathaus „die Grundsatzentscheidung“ für die Anbindung der Arenen im Volkspark sowie der Stadtteile Bahrenfeld, Lurup und Osdorf vor. Frühestens Mitte der 30er-Jahre könnte diese realisiert sein, dämpfte S-Bahn-Geschäftsführer Kay Arnecke sogleich allzu hoch fliegende Träume, aber der Anfang sei gemacht: „Wir wissen jetzt, dass es machbar ist“, sagte Wirtschafts- und Verkehrssenator Michael Westhagemann (parteilos), „nun beginnt die Planungsphase.“
Es sind zwei grundsätzliche Entscheidungen, die nun auf dem Tisch liegen, aber noch von Senat und Bürgerschaft formal gefällt werden müssen. Zum einen soll die geplante U5 im Westen an den Arenen im Volkspark enden. Sie soll vom Hauptbahnhof durch Rotherbaum und am UKE vorbei zu Hagenbecks Tierpark und nach Stellingen führen, offen ist noch die Anbindung des Siemersplatzes in Lokstedt. Durchgeplant ist bereits der Anfang der neuen Linie im Osten: Von Bramfeld über Steilshoop zur City Nord und in den Stadtpark, weiter durch Winterhude, Uhlenhorst und St. Georg zum Hauptbahnhof.
Zweitens soll nun die geplante S-Bahn S32, die von Harburg-Rathaus in die Innenstadt führen soll, im Westen verlängert werden. Von Holstenstraße soll sie durch Bahrenfeld, vorbei an Desy und Volkspark nach Lurup und Osdorfer Born führen. Der künftige neue Fernbahnhof Altona am Diebsteich bliebe bei dieser Trasse überraschend außen vor. Dessen Anbindung sei nicht zwingend, sagt Arnecke. Wer mit der Fernbahn nach Norden wolle, könne mit der S32 bis zum Dammtor fahren; die weit größere Nachfrage läge aber auf Bahnfahrten ab Hauptbahnhof in Richtung Süden oder Osten.
Die U5 soll Steilshoop mit der Innenstadt verbinden.
Sie hat die drei Bauabschnitte Ost (von Bramfeld zur City Nord), Mitte (City Nord zum Hauptbahnhof) und West (Innenstadt bis Arenen im Volkspark).
Als erste U-Bahn-Linie Hamburgs soll sie fahrerlos betrieben werden, wodurch Zugfolgen von bis zu 90 Sekunden möglich werden sollen.
Die Anbindung der westlichen Stadtteile Lurup und Osdorfer Born an die City soll eine verlängerte S32 ermöglichen.
Diese ist geplant von Harburg-Rathaus über Hauptbahnhof und Dammtor zur Holstenstraße und nun weiter bis Osdorfer Born. Eine weitere Verlängerung bis Schenefeld ist denkbar.
Weitere Bahnprojekte sind: Die S4 vom Hauptbahnhof nach Bad Oldesloe, die A21 von Elbgaustraße Richtung Kaltenkirchen, die Verlängerung der U4 auf die Horner Geest und drei neue Haltestellen an U1, U3 und S1.
Zwei weitere Vorteile dieser Lösung seien, dass die S32 mehr als 100.000 Einwohner im Westen sowie die Großarbeitgeber Desy und Science City Bahrenfeld erreichen könne und damit mehr Menschen, als eine verlängerte U5 von den Arenen nach Westen. Zudem ist diese Trasse nach den Berechnungen von Fachleuten etwas billiger.
Über die Kosten spricht Tschentscher nur ungern, weil sie auf dem gegenwärtigen Stand „noch nicht seriös kalkulierbar“ seien. Zwar würde das erste Viertel der U5 im Osten „ungefähr bei 1,8 Milliarden Euro“ liegen, das aber könne man nicht einfach „Kilometer um Kilometer hochrechnen“, weil die technischen Anforderungen zu unterschiedlich seien. So müsse die S32 im Westen sowohl unter den Fundamenten der A7-Deckel hindurchgegraben werden als auch unter den Röhrensystemen von Desy.
Dennoch macht Tschentscher sich über die Finanzierung keine Sorgen. Es werde Zuschüsse vom Bund geben, und die Hamburger Anteile würden über mehr als ein Jahrzehnt gestreckt. In das „Sondervermögen Schnellbahn“ würde jedes Jahr „ein dreistelliger Millionenbetrag“ zur Finanzierung der neuen Bahnen eingestellt. Dass diese tatsächlich realisiert würden, ist für Tschentscher sicher, sofern „nicht künftige Senate Unfug beschließen“ würden. Für den rot-grünen Senat sei klar: „Das ist unser politisches Versprechen an die Stadtteile, die seit Jahrzehnten auf diese Anbindungen warten.“
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