: Klettern für’s Publikum
In Hamburg fand am Wochenende die Landesmeisterschaft im Speedklettern statt. Das ist auch als Werbung für die Disziplin zu sehen, die bald Premiere bei Olympischen Spielen hat
Von Yasemin Fusco
28 Athlet*innen haben am Samstag in der Hamburger Europa-Passage eine etwas ungewöhnliche Premiere gehabt: Zum ersten Mal fand eine offene Landesmeisterschaft im Speedklettern auf so öffentlicher Bühne statt. Neben Backwarenhändler und Kaffeekette stand die 15 Meter hohe Kletterwand im Erdgeschoss des Einkaufzentrums. Ausrichter und Ideengeber war der Deutsche Alpenverein Hamburg. Angetreten sind bei den Wettbewerb insgesamt vier Gruppen: die jungen Herren ab 16 Jahre, die jungen Damen und die Jugendgruppen für Jungs bzw. Mädchen unter 16 Jahre.
„Es ist schon ziemlich cool, dass man auf die Idee kommt, hier einen Kletter-Wettkampf auszurichten“, sagt die 16-jährige Lena Perlhofer. Perlhofer und ihre ein Jahr jüngere Freundin Nuria Brockfeld freuen sich über diese Abwechslung. Die beiden Freundinnen treten zwar nicht in der gleichen Altersgruppe gegeneinander an, trainieren aber gemeinsam viel und intensiv für ihr Hobby. Auch wenn die Geschlechter im Wettbewerb getrennt voneinander antreten, trainieren die beiden Kletterinnen „auch mit den Jungs und messen uns an ihnen“, sagt Perlhofer.
Klettern ist zeitaufwendig und die beiden jungen Frauen haben einen vollen Terminkalender. „Ich hatte dieses Jahr bisher nur zwei freie Wochenenden“, sagt Brockfeld. Alleine im vergangenen Jahr war sie auf über 20 Wettkämpfen, zu Trainingseinheiten muss sie oft quer durch Deutschland fahren. „Das ist schon teuer und zeitaufwendig.“ Perlhofer sieht noch ein weiteres Manko: „Die Sportschulförderung müsste besser werden, bisher bezahlen die Eltern alles und die Ausrüstungs- und Fahrtkosten sind schon hoch“, sagt sie.
„Persönliche, kleine Siege sind für mich wichtiger als der bloße Erfolg in Wettkämpfen“, sagt Nuria Brockfeld. Für eine Sportlerinnenkarriere hat sie deswegen wenig übrig. Und falls die beiden Freundinnen doch mal gewinnen, gibt es kleine Geldgewinne und Sachpreise. „Ich sammele so was aber nicht“, sagt Brockfeldt. Auch für Lena Perlhofer kommt eine Karriere im Leistungssport nicht infrage. „Viel zu anstrengend“, sagt sie.
Schnellere gewinnt
In den Vorrunden der Landesmeisterschaft am Samstag erkletterten Brockfeld und Perlhofer ihre beste Zeit und qualifizieren sich so für die K.-o.-Runden im Finale, in dem dann immer der oder die Schnellere gewinnt und solange weiterkommt, bis kein*e Kontrahent*in mehr übrig ist und die Gewinner*innen feststehen. Nuria Brockfeld qualifizierte sich mit 10,71 Sekunden für das Finale. In ihrer Altersklasse gewann sie den ersten Platz mit 10,03 Sekunden. „Ich bin sehr glücklich“, sagte sie.
Bei den Jungs unter 16 Jahren unterbot Thorben Perry Bloem seinen eigenen Deutschen Rekord in seiner Altersklasse und gewann gegen den Hamburger Athleten Niclas Zapf. Bei den jungen Damen ab 16 Jahren verlor Lena Perlhofer am Ende gegen ihre Kontrahentin Marlene Aselmeier und kam auf den zweiten Platz.
Jochen Gottwald, Vorstand des Deutschen Alpenvereins Hamburg und Niederelbe, freute sich über die motivierenden Zwischenrufe der Zuschauer*innen an den zu Rängen umfunktionierten Stockwerken in der Europa-Passage. „Durch die unglaubliche Nähe zwischen Athleten und Publikum haben wir heute eine hoch emotionale Veranstaltung erlebt“, sagte er.
Auch für den Manager der Europa-Passage Jörg Harengerd verlief alles nach Plan. Er möchte gleich, dass die Aktionswoche „Klettern an der Alster“ mit der Landesmeisterschaft im Speedklettern als abschließendem Höhepunkt wiederholt wird. „Für mich steht fest, dass wir unbedingt damit weitermachen wollen“, sagte er nach dem Ende des Wettkampfes.
Klettern wird olympisch
Klettern wird im Jahr 2020 bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio in drei Disziplinen seine Premiere feiern. Unter diesen Disziplinen ist auch das Speedklettern. Wettbewerbe wie die Landesmeisterschaft in der Europa-Passage sind also auch eine Art Werbung für den jungen Sport. Nächste Woche wird die Kletterwand in Duisburg wieder aufgebaut – und das Klettern geht weiter.
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