Neues Konzept für fairen Kaffee

Wertschöpfung in Produzenten-Länder halten, fordert eine Stiftung

Von Kai Schöneberg

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) spricht sich schon lange dafür aus, die Kaffeesteuer auf Fairtrade-Kaffee abzuschaffen, und erntete dafür bislang Lob aus der Zivilgesellschaft. „Wir dürfen unseren Wohlstand nicht länger auf Sklaven- und Kinderarbeit und der Ausbeutung der Umwelt gründen“, sagt Müller. Ein Ende der Kaffeesteuer wäre ein Kraftakt für den Bundesetat: Röstkaffee wird in Deutschland mit 2,19 Euro pro Kilo besteuert, löslicher Kaffee sogar mit 4,78 Euro. Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer: Gut eine Milliarde Euro bringt das jährlich. Deshalb winkt das Finanzministerium ab. In der fairen Szene wird der Vorschlag Müllers dagegen unterstützt: Im vergangenen Jahr übergab Transfair, die deutsche Vereinigung zur Lizenzierung und Förderung nachhaltiger Waren, Minister Müller auf der Grünen Woche eine Petition mit über 15.000 Unterschriften. „Unfairer Handel muss höher besteuert werden als fairer Handel.“ Diese Steuerungsfunktion für eine nachhaltige Zukunft“ habe Müller erkannt, betonte der Verband.

Doch in der Branche bewegt sich etwas: Die Abschaffung der Kaffeesteuer sei „nicht die richtige Maßnahme“, schreibt die niederländische FairChain Foundation in einem offenen Brief an Müller. Die Stiftung, die sich für komplett transparente Lieferketten mit Blockchain-Technologie einsetzt, will lieber einen Großteil der Wertschöpfung in die Kaffeeländer zurückbringen: Derzeit verbleibt dort nur ein Zehntel des weltweiten Kaffeeumsatzes.

Die Fairchain Foundation wünscht sich, dass dieser Wert auf 50 Prozent steigt. Dem könne man sich annähern, „indem nicht nur die Ernte, sondern auch die Röstung des Kaffees im Herkunftsland stattfindet“, heißt es in dem Brief. Dafür solle künftig die Kaffeesteuer ins Herkunftsland umgeleitet werden. Unternehmen, die ihren Kaffee im globalen Süden rösten, sollte 50 Prozent der Steuer erlassen werden. Die andere Hälfte der Steuer solle direkt an die Bauern vor Ort geleitet werden.

Der Anbau von Kaffee erzeugt nicht nur riesige Umweltschäden, er verstärkt auch das Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd. Derzeit leben 25 Millionen Kaffeebauern unter der Armutsgrenze, 60 Prozent aller Produzenten verkaufen ihren Kaffee sogar unter den tatsächlichen Produktionskosten. Auch die etwa 800.000 Bauern weltweit, die Fairtrade- oder Biokaffee produzieren, leiden unter den historisch niedrigen Weltmarktpreisen. Der Anteil an fair gehandeltem Kaffee in Deutschland liegt derzeit bei rund 4 Prozent.