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Schicksal korrigieren

Linda Hamilton in „Terminator“ ist eine der ersten Actionheldinnen des US-Sci-Fi-Kinos. Im Arsenal kann man sie wiedersehen

Von Jenni Zylka

Linda Hamilton leidet seit 28 Jahren an Tinnitus. Das Störgeräusch ist ein fiependes Memento an „Terminator 2 – Judge­ment Day“, in dem die Schauspielerin zum zweiten Mal nach 1984 die Rolle der „Sarah Connor“ übernahm – und als potentielle Weltretterin gemeinsam mit Filmsohn Edward Furlong und dem T-800-Terminator Arnold Schwarzenegger vor dem übelwollenden „T1000“ (Robert Patrick) in einen Fahrstuhl flüchtet, aus dessen Kabine Schwarzenegger ein paar Schüsse gegen den Antagonisten abfeuert. Leider können die Schüsse den aus flüssigem Metall bestehenden Prototyp nur kurzfristig aufhalten. Und leider hatte Linda Hamilton in der Szene vergessen, ihre Ohrstöpsel zu tragen.

Aber vielleicht denkt sie inzwischen trotzdem gern an den Film. Denn Hamiltons Figur in James Camerons zweiter KI-Dystopie hat einen starken Eindruck in der Kinogeschichte hinterlassen – in jeder Beziehung: Die Schauspielerin trainierte sich für ihre Rolle einen sehnigen Kampf-Body an, um die Entwicklung zwischen der naiven Kellnerin Connor im ersten „Terminator“ und der verloren-aggressiven Kriegerin in „Judgement Day“ zu verdeutlichen. Vor allem hat sich Connor mental verändert, die prophetischen Albträume, die sie vom Kampf gegen die Skynet-Roboter und einem zerstörten Los Angeles im Jahr 2029 plagen, haben sie zermürbt – und angestachelt, ihr Leben der Korrektur des Schicksals zu widmen. Skynet, das weltumspannende Netz, darf nicht in die Wege geleitet, die Maschinen nicht veranlasst werden, ein Bewusstsein zu entwickeln. Denn das würde für alle böse enden, ob Programmiererin oder Mausschubser.

Hamilton alias Connor ist – neben Ridley Scotts notorischem Alien-Buster Sigourney Weaver alias Ellen Ripley – eine der ersten großen Actionheldinnen des US-amerikanischen Sci-Fi-Mainstream-Kinos. Doch während Ripley erst im vierten Alien-Teil eine Klon-Schwangerschaft übersteht, um dann ein (ganz ohne Pubertät) ambivalentes Verhältnis zum missratenen Alien-Mensch-Klon-Sohn zu entwickeln, ist Connor in „Judgement Day“ bereits Mutter: Von John, der Schlüsselfigur der Saga, der im ersten Teil angekündigt und empfangen wurde und der sich inzwischen zu einem jugendlichen Delinquenten gemausert hat, inklusive Honda XR-Offroad-Bike und genervten Pflegeeltern.

Connors Familiensituation haben ihr zudem Erich-Fromm’sche Gebärneid-Theorien nähergebracht: „Männer wie du bauen die Wasserstoffbombe“, wirft sie dem Skynet-Erfinder vor, „ihr fühlt euch ja so kreativ. Dabei wisst ihr gar nicht, was es bedeutet, wirklich etwas zu erschaffen, ein Leben in sich wachsen zu spüren.“

Blicke durch verschwitzte Ponyfransen und Techniklegenden

Es ist das Verdienst der Drehbuchautoren Cameron und William Wisher, das Familienthema integral in der Geschichte zu verankern und damit Thriller- und Romantikfans zu erreichen. Familiäre Liebe, das erzählt „Judgement Day“ in jeder seiner rasanten Szenen, ist nicht nur das zentrale Motiv für Sarah. Sie ist auch das Loch in der Seele Johns, der seine anfangs in der Psychiatrie geparkte Mutter vermisst, und sie ist das, was der stoische Terminator Schwarzenegger begreifen muss. Man kann diesen Leitgedanken kitschig finden, doch er funktioniert, er ist der emotionale Einlass für die Zuschauer*innen. Und er macht aus „Judgement Day“ einen gewalttätigen, aber auch zärtlichen Kleinfamilienfilm – Mutter, Terminator, Kind. Eine Robo-Kombat-Idylle, in der Schwarzenegger, denn so weit wollen Hollywoods Konservativisten dann doch nicht weg vom erprobten Modell, die klassische, eher durch Beschützen denn durch Empathie glänzende Vaterrolle übernimmt. Die von Hamiltons Gefühlsbädern und Furlongs unfassbar sensiblem Spiel, in dem man bereits die Tragik seines späteren, vermurksten Schauspielerlebens zu ahnen meint, flankiert wird.

Die anderen beeindruckenden Stärken des gegenüber heutigen Sehgewohnheiten trotz Kampfgetümmel und (helmfreien) Verfolgungsjagden in leeren Wasserkanälen teilweise elegischen und re­dundanten Films, sind einerseits Blicke durch verschwitzte Ponyfransen. Und andererseits Techniklegenden: Der quecksilbrige T-1000 wurde teilweise im neuen Motion-capture-Verfahren generiert, für damals skandalöse fünf Millionen Dollar waren 35 FX-Expert*innen monatelang beschäftigt, um die Szenen, in denen er sich formwandelt, zu animieren. Das Geräusch, das man dabei hört, stammt übrigens vom Öffnen einer Chappi-Dose – der Soundengineer war auf der Suche nach dem passenden Wandelsound in der heimischen Küche fündig geworden. Dazu mischt sich das elektronische Pathos von Komponist Brad Fiedel mit beängstigendem Kampfgrollen und so laut ballernden Maschinen, dass im Publikum die Hosenbeine flattern. Vermutlich viele kurze Hosenbeine: Der Humor, den Cameron und Wisher in ihre Geschichte packten, bewegt sich auf Kinderniveau. Aber das macht nix. „Hasta la vista, baby“ ist subtil genug.

Heute, Arsenal Kino, 20 Uhr

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