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Archiv-Artikel

Das Pulver der Heide

SOMMER IM MUSEUM (XI UND SCHLUSS) Albert König malte am liebsten Bäume und Kieselgurgruben in der Lüneburger Heide. In Unterlüß ist ihm ein Museum mit einer Kieselgur-Sonderausstellung gewidmet

„Es gibt Bäume, die warten schon jahrelang darauf, dass ich sie male“

Albert König

Eigenbrötlerisch und waldversessen war der Künstler: „Es gibt Bäume, die warten schon jahrelang darauf, dass ich sie male. Jahrelang gehe ich mit ihnen um, wie mit Freunden …“ Wer so spricht, wird kein allzu geselliger Mensch gewesen sein. Und doch kannte Albert König aus Unterlüß Kollegen wie Heinrich Vogeler, Max Beckmann oder Käthe Kollwitz.

Der 1881 geborene Künstler war selbst zeitweilig recht bekannt, vor allem für seine Zeichnungen und Holzschnitte von, nun ja, Bäumen. So schrieb das Hamburger Echo 1913 über ihn, dass „… dessen Holzschnitte mit zu dem Besten gehören, was unsere Zeit in dieser Technik hervorbringt“. Und noch 1932 bekam er für den Holzschnitt „Wacholder IV“ ein Stipendium von der Albrecht-Dürer-Stiftung in Nürnberg.

Gut 1.500 Zeichnungen und Aquarelle, knapp 200 graphische Arbeiten und 216 Gemälde verwaltet heute das Albert-König-Museum. Die Witwe hatte das 1926 gebaute Fachwerk-Haus samt Nordlicht-Atelier und künstlerischem Nachlass der Gemeinde Unterlüß testamentarisch vermacht – mit der Auflage, dort ein Museum für den Künstler zu betreiben.

Das 1987 eröffnete Haus zeigt in zwei Erweiterungsbauten und mit viel ehrenamtlichem Einsatz nicht nur Arbeiten des Zeichners und Heidemalers, sondern auch regelmäßig Sonderausstellungen wie aktuell bis Ende Oktober eine über die Künstlerkolonie Ahrenshoop.

Und da der Namensgeber auch Kieselgurgruben gemalt hat, vertieft das Museum seit 1999 in einer Sonderausstellung das lückenhafte Wissen über die Kieselgur. Schon 1836 wurde das weiße Pulver beim Brunnenbohren in der Erde entdeckt. Es besteht aus Myriaden von Hüllen der winzigen Kieselalgen, die sich in den Seen abgelagert haben und von Eiszeiten unter Sand begraben wurden.

Zuerst diente das Pulver nur als Putzmittel und Verpackungs- und Isolierstoff. Die Kieselgur ist aber auch ein feiner Füllstoff: Sie ist in Hunderten von Alltagsdingen versteckt – von der Zahnpasta bis zum Autoreifen. Sie wird Tabletten zugesetzt und in der Kosmetik verwendet, sie macht Farben besser streichfähig. Sie wird in der Düngemittelindustrie eingesetzt und als Trägersubstanz für Katalysatoren.

Obwohl er nie mehr als 500 Menschen beschäftigte, war dieser Spezial-Bergbau in der Heide recht erfolgreich: Zu seiner besten Zeit Anfang der 1960er Jahre lag der Produktionsrekord bei 65.000 Tonnen. Heute wird Kieselgur vor allem aus den USA importiert.

Die letzte Grube der Lüneburger Heide wurde 1996 stillgelegt, die Brennöfen am Bahnhof des durch die Kieselgur-Industrie geprägten Ortes Unterlüß sind nur noch ein Industriedenkmal. Die einstigen Tagebaue des fast unbekannten Bodenschatzes sind nun zu stillen Teichen geworden. Und die Heide und ihre Besucher können wieder zu jener einsamen und mythenbeladenen Romantik zurückkehren, wie sie der 1944 gestorbene Maler Albert König liebte.

Wenn da nicht um das nahe Munster herum noch die Militärs und ihre Schießplätze wären. Aber auch das passt irgendwie ins Bild: Es ist die Kieselgur, die zusammen mit Nitroglyzerin das Dynamit ergibt, eine Kombination, die Alfred Nobel 1867 erfand. HAJO SCHIFF

Albert-König-Museum: Unterlüß, Albert-König-Straße 10. 1. Mai bis 31. Oktober: Di - So, 14.30 bis 17.30 Uhr; 1. November bis 30. April: Sa + So, 14.30 bis 17.30 Uhr