Angebliche Falschinformationen: Twitter blockt schon wieder
Der Kurznachrichtendienst sperrt erneut Konten wegen „irreführender Informationen zu Wahlen“. Betroffen ist auch die „Jüdische Allgemeine“.
Im Fall der Jüdischen Allgemeinen geht es um einen Verweis auf einen Text der Deutschen Presse-Agentur, in dem das ablehnende Verhältnis des israelischen Botschafters in Deutschland, Jeremy Issacharoff, gegenüber der AfD thematisiert wird. „Dieser Bericht ist auf reges Interesse gestoßen, auch in den sozialen Medien. Die Sperrung durch Twitter macht unsere dortige Arbeit unmöglich“, sagt Philipp Peyman Engel, Redakteur der Jüdischen Allgemeinen und dort für das Online-Angebot verantwortlich, der taz. Am späten Montagnachmittag war das Twitter-Konto der Jüdischen Allgemeinen wieder freigegeben.
Engel kritisiert den Kurznachrichtendienst für die Accountsperrung scharf: „Wir haben klassische Berichterstattung gemacht, die so eingeschränkt wird. Da es nahezu unmöglich ist, mit Twitter in Kontakt zu treten, können wir über die Gründe nur mutmaßen. Es ist ein Riesenproblem, dass sich Twitter zu dem Fall bislang in Schweigen hüllt.“
Am Montag wurde auch der Account des netzpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Sven Kohlmeier, gesperrt. Auslöser ist ein kritischer Tweet über die AfD. „Es handelt sich bei dem Tweet deutlich um eine politische Meinungsäußerung und nicht um eine Wahlbeeinflussung. Ich denke überhaupt nicht daran, das zu löschen“, sagte Kohlmeier dem Tagesspiegel. Er wirft Twitter vor, darüber zu entscheiden, „welche Meinungen zulässig sind und welche nicht“.
Empfohlener externer Inhalt
Meldung unliebsamer Personen
Hintergrund der Blockierungen ist die Twitter-Richtlinie zur „Integrität von Wahlen“. Seit dem 29. April verfügt das Netzwerk über eine neue Funktion, mit der Tweets gemeldet werden können, die Falschinformationen über Wahlen beinhalten sollen. Vor allem Rechte machen sich diese Funktion zunutze, um unliebsame Personen zu melden – immer öfter mit Erfolg. Am vorvergangen Wochenende wurde deshalb bereits unter anderem der Account der Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) gesperrt. Auch diese Sperrung wurde mit einem kritischen Tweet mit AfD-Bezug begründet.
Am Mittwoch steht daher das Thema „Zensurvorfälle bei Twitter“ im Ausschuss Digitale Agenda auf der Tagesordnung im Deutschen Bundestag. Dazu soll es einen Bericht der Bundesregierung geben, auch das Justizministerium und Twitter sind zu dem Termin eingeladen.
Offenlegung: Der Autor dieses Texts hat in der Vergangenheit mehrfach für die Jüdische Allgemeine gearbeitet, als Autor und freier Mitarbeiter in der Redaktion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung