zwangsheirat : Ein Urteil ersetzt kein Gesetz
Das Amtsgericht hat eine Frau verurteilt, weil sie ihre 13-jährige Tochter nach Roma-Sitte zur Ehe zwang. Der Richter hat betont, dass die Mutter sich nach den hiesigen Gesetzen zu richten habe. Er nahm keinerlei Rücksicht auf den kulturellen Hintergrund der Familie. Das ist gut so. Denn in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft muss es klare Spielregeln für alle geben. Das Strafgesetzbuch ist eine der Grundlagen dafür.
KOMMENTARVON SABINE AM ORDE
Dennoch ist eine Entscheidung wie die gestrige die Ausnahme. Denn Zwangsheiraten kommen nur ganz selten überhaupt zur Anklage, meist werden sie gar nicht bekannt. Sie finden im geschlossenen Raum der Familien statt. Mädchen, die sich dagegen wehren wollen, haben häufig niemand, der sie unterstützt.
Allein deshalb ist es sinnvoll, endlich einen eigenen Straftatbestand der Zwangsverheiratung einzuführen. Denn der macht deutlich, dass diese Form des Missbrauchs von Frauen hierzulande nicht geduldet wird. Das ist freilich zunächst nur ein Symbol. Zu hoffen aber ist, dass sich so langfristig auch in den betroffenen Communities ein Unrechtsbewusstsein durchsetzt.
Noch wichtiger aber ist die Unterstützung der Betroffenen. Für die Mädchen, die hier aufwachsen, kann dabei die Schule ein wichtiger Ort sein. Nach Plänen der rot-roten Koalition soll es künftig an jeder Schule eine Ansprechpartnerin speziell für Mädchen mit Migrationshintergrund geben. Das reicht zwar nicht, wäre aber ein Anfang.
Noch schwieriger ist es bei den Frauen, die per Zwangsheirat nach Berlin gebracht werden. An sie, das sagen alle Fachleute, kommt man bislang gar nicht heran. Das zu ändern geht nur mit Hilfe der betroffenen Community. Sie ist in der Pflicht.