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Allmacht der Bilder

Zeitreise in die Filmgeschichte: Bilder der Stasi im Film und Fernsehen waren Gegenstand einer Diskussion im ehemaligen Casino der Staatssicherheit

Von Sophia Zessnik

Spätestens seit Florian Henckel von Donnersmarcks „Das Leben der Anderen“ (2006) hat jeder ein Bild der Stasi im Kopf. Inszeniert, als allmächtiger Repressionsapparat treibt sie Besucherzahlen und Einschaltquoten in die Höhe. Doch auch schon vor Erscheinen des oscarprämierten Dramas war die Staatssicherheit Gegenstand von Film- und Fernsehproduktionen. Das war Thema eines Gesprächs im ehemaligen Offizierscasino in Berlin-Lichtenberg.

Schon der Weg in die ehemalige Stasizentrale fühlt sich an wie eine Zeitreise. Normalerweise endet Berlin für mich in östlicher Richtung spätestens an der Station Frankfurter Allee. Dieses Mal fährt die U5 weiter, wenn auch nur eine Station: U-Bahnhof Magdalenenstraße. Hier ist die Zeit stehen geblieben – vielleicht nicht in der DDR, aber wie 2019 fühlt es sich irgendwie auch nicht an. Gräuliche Grundstimmung trotz Sonnenschein.

Der Ministeriumsbau wirkt weniger imposant als auf der Leinwand. Auch die Räumlichkeiten von Haus 1, an deren Besichtigung man vor der Veranstaltung teilnehmen kann, sind viel beengter, als es bei „Weissensee“ und Co. den Anschein hat. Stickig ist es und irgendwie piefig. Dennoch interessant, dass vieles noch ist, wie es mal war.

Andreas Kötzing, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Hannah-Arendt-Instituts Dresden, hat das Buch „Bilder der Allmacht. Die Staatssicherheit in Film und Fernsehen“ geschrieben und redet mit der Regisseurin Annekatrin Hendel („Vaterlandsverräter“, „Anderson“, „Familie Brasch“) und der Historikerin Daniela Münkel über die Darstellung der Stasi im Bewegtbild.

Eröffnet wird mit der Feststellung, es gäbe kaum Filme über die DDR, in denen der Stasi-Diskurs nicht behandelt werde. Diese Erkenntnis hat Andreas Kötzing zu seinem Buch inspiriert: „Bilder der Allmacht“, der Titel ließe sich auch umdrehen. Allmacht der Bilder.

Allmacht der Bilder – hätte es schon nach dem Aufstand des 17. Juni 1953 heißen können, denn da beginnt die Filmkarriere der Stasi, selbst inszeniert als große Schutzmacht.

Zum Beispiel in dem Film „Kühler Kopf, Heisses Herz und Saubere Hände“ [sic!], da denke ich sofort an das Groschenroman-Regal im Kiosk. Mitnichten, hierbei handelt es sich um astreine Propaganda anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der Oktoberrevolution. Gehirnwäsche im Unterhaltungsformat.

Unterhaltung ist das Stichwort für die Gesprächsrunde: Ausschnitte aus Spionage-Klassikern wie „For Eyes Only“ und „Das unsichtbare Visier“ werden gezeigt. Achim Detjen (gespielt von Armin „Blue Eyes“ Mueller-Stahl) als ostdeutsche Antwort auf James Bond. Ohne Lizenz zum Töten, aber trotzdem cool. Der „coole“ Geheimdienst – so präsentierte sich die Stasi also im Film, um junge Männer in ihre Fänge zu bekommen. Man(n) wollte „Kundschafter“ werden, filmischer Inszenierung sei Dank. So beschreibt es die Regisseurin Annekatrin Hendel, die 2014 den Schriftsteller und ehemaligen IM Sascha Anderson in ihrem Film porträtierte.

In den Filmen der Regisseurin aus Ostberlin kommt die Stasi zwar vor, soll aber keine Hauptrolle besetzen. Es gehe um die Verbindung zwischen Gesellschaft und Privatem – dem Menschen hinter dem Stasi-Mitarbeiter. Überhaupt habe sich der Stasi-Diskurs „manifestiert bis zur Kotzgrenze“. Nicht jeder sei überwacht worden – doch wo sind die Geschichten, in denen die Stasi keine Rolle spielt?

Gute Frage, aber da sind die neunzig Minuten auch schon um. Irgendwie unbefriedigend.

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