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: Ekstatisch rechnen

Manchmal möchte man ja gern von sich sagen, man habe bei einer Musikerin oder einem Musiker schon früh gemerkt, dass da Großes kommt. Um dann, wenn der Moment schließlich da ist, sich auf die Schulter zu klopfen. Ganz ohne Eitelkeit geht dieses Geschäft dann doch nicht. Caterina Barbieri ist so eine Musikerin, die mit ihren wunder luftigen Platten auf dem kleinen New Yorker Label Important Records vertriebsbedingt zwar nicht allzu viele Hörer erreicht haben dürfte, dafür aber regelmäßig an dieser Stelle gewürdigt wurde (siehe taz.plan vom 20. 4. 2017 und 9. 8. 2018).

Jetzt ist die aus Italien stammende Berliner Synthesizer-Tüftlerin bei Editions Mego gelandet, wo man für elektronische Abenteuer ebenso gut zu haben ist wie bei Important Records. Der Vorteil für Barbieri: Editions Mego hat eine deutlich bessere Verbreitung. Und „Ecstatic Computation“, so heißt ihr jüngster Vorstoß ins Reich der modularen Klangerzeugung und des schöpferischen Umgangs mit an sich eher statischen Patterns, wünscht man allemal, von einem größeren Publikum gehört zu werden.

Von einem Publikum wohlgemerkt, das nichts gegen Stromverbrauch beim Musizieren hat. Den braucht es halt, um dieses künstliche Fließen hervorzubringen, wie es modulare Synthesizer, diese großen Ungetüme mit den vielen Steckern und Kabeln, erzeugen. Lediglich in einer Nummer, „Arrows of Time“, getragen von sehr langsamen Cembalo-Akkorden, hört man zusätzlich die Stimmen von Annie Gårlid und Evelyn Saylor, die selbst aber eher wie elektronische Instrumente wirken.

Ansonsten lässt Barbieri gleich ab dem ersten Stück, „Fantas“ – im Titel geht es vermutlich weniger um Erfrischungsgetränke als um Fantasie – einen Fluss aus sich überlappenden Figuren entstehen. In den kann man mehr oder weniger bewusst eintauchen oder die Sache wie ein im Wasser Treibender langsam an sich vorbeirauschen lassen. Man weiß hinterher nicht so recht, wie einem geschehen ist, doch die Sache wird gut gewesen sein.

Das alles kann man durchaus psychedelisch nennen, oder hippiesk mit Schaltkreisen, und irgendetwas stellt Barbieri ganz sicher mit dem Bewusstsein derer an, die sich ihren minimalistischen Trips aussetzen. Positive Nebenwirkungen sind jedoch nicht ausgeschlossen. Tim Caspar Boehme

Caterina Barbieri: „Ecstatic Computation“ (Editions Mego)