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Deckel drauf

Die Überdeckelung der Autobahn A7 im Hamburger Westen nimmt Formen an. Auf das kilometerlange Dach kommt vor allem Grün, die Autos dürfen weiter brausen, die Anwohner aber ungestört schlafen

Von Sven-Michael Veit

Jetzt kann wieder zusammenwachsen, was zusammengehört. Der erste Autobahndeckel über der A7 sorgt ab dem morgigen Mittwoch für die Wiedervereinigung Hamburgs. In Stellingen nördlich des Elbtunnels wird der Verkehr künftig durch einen 980 Meter langen Tunnel geführt. Damit wird ein erster Abschnitt einer der längsten und verkehrsreichsten Autobahnen Deutschlands verkehrsberuhigt, zwei weitere sollen in den nächsten Jahren folgen.

Das Ziel ist, Hamburg durch die Überdeckelung der Asphaltschneise, die den Westen der Stadt auf 15 Kilometer Länge zerschneidet, wieder zu vereinigen. Südlich anschließend folgen zwei Deckel von zusammen 2.530 Metern bis zum Nordportal des Elbtunnels, im Norden ist eine 550 Meter lange Überdachung bei Schnelsen bereits einseitig in Betrieb.

Auf den Tunneldächern sollen Kleingärten, Parks, Spielplätze, Marktplätze und Radwege Platz finden – was der Betondeckel eben tragen kann. Darunter brausen schallgemindert weiterhin rund 150.000 Fahrzeuge, jedes siebte ein Lkw, über die meistbefahrene Stadtautobahn in Europa. Für 2025 sagen die Prognosen sogar 165.000 Fahrzeuge am Tag voraus. Das wäre in etwa das Dreifache im Vergleich zu den Prognosen beim Bau der Trasse Anfang der 1970er-Jahre.

Vor fünf Jahren hatte der Ausbau der A7 zwischen dem Elbtunnel und dem Autobahndreieck Bordesholm 85 Kilometer nördlich begonnen. Auf sechs Spuren soll die Autobahn in Schleswig-Holstein erweitert werden, in Hamburg auf zehn Spuren. Neue Lärmschutzwände werden dort mit einem 1,4 Meter dicken Betondach abgedeckt. Darauf wird mindestens 1,2 Meter Erdreich aufgeschüttet, um auch etwa 500 nahe gelegene Kleingärten umzusiedeln. Auf deren bisherigen Pachtflächen sollen auf festem Grund fast 2.000 Häuser und Wohnungen gebaut werden.

Mit den Erlösen aus diesen Gartenverkäufen will Hamburg seinen Anteil an den Baukosten von rund 167 Millionen Euro finanzieren. Den Löwenanteil trägt mit gut 600 Millionen Euro der Bund – es handelt sich ja um eine Bundesautobahn.

Seit mehr als einem Jahrzehnt gespalten ist die Stimmung im Hamburger Westen. Die betroffenen Schrebergärtner, organisiert in der Initiative „Apfelbaum braucht Wurzelraum“, lehnen die „unsinnige Kleingartenzerstörung“ ab. Andere Anwohner kämpfen genauso lange und genauso vehement in der Initiative „Ohne Dach ist Krach“ für Lärmschutz und ungestörten Schlaf. Ob es auch hier zu einer Wiedervereinigung in den Stadtteilen kommen wird, ist noch offen.

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