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Atemlos und dauerwach

Das erste taz lab im neuen taz-Haus an der Friedrichstraße und seiner Nachbarschaft: So viele wie nie hatten Lust auf einen Tag Debatten – bis hin zur Party in der taz-Kantine

Julian Reichelt, BILD-Chef, über die taz

Von Jan Feddersen

Wie ist es eigentlich zu begründen, einen Tag wie den Samstag zum taz lab im neuen taz-Haus, im Besselpark davor und in den anderen Nachbarschaften und ihren Räumen als dies zu beschreiben: streitlustig, neugierig – und warmherzig, ja, respektvoll zugleich? Weil die Besucher*innen den ganzen Tag über, von sehr früh am Morgen bis in die Nacht zum Sonntag, so viele wie nie beim taz lab, sich allenfalls und zu Recht manchmal beklagten, dass die Räume zu klein waren, etwa für Panels mit Ulrike Guérot, Robert Habeck, den Trucker*innen, Katja Kipping, Katarzyna Remin oder Thilo Bode? Dass ein „Kampf gegen Klimawandel“-Mann wie Harald Welzer wegen seiner Message von einer Frau aus dem Publikum als „erfrischendster und freundlichster Aufrüttler“ der alternativen Historie bezeichnet wird?

Oder weil der Besselpark, letztlich mit Erlaubnis des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, gerade in feinstem Frühlingsgrün, zu einer peacigen Chill-Wiese wurde, um sie herum die Infostände von einer Fülle von NGOs? Weil, womöglich, das gigantische Hüpfballdreieck im Laufe des Tages zu einer Attraktion für die Nachbarschaftskinder auch wurde? Und weil dort der schöne Satz einer gewiss sorgenden Mutter zu hören war: „Annalena!, bitte!, keine Salti!, darüber haben wir doch gesprochen!, vorhin!“

Hat es nicht etwas Gutes zu bedeuten, dass das taz-Kantinen-Kasino für die Älteren zur Disko wurde – und draußen, vor den taz-Hauswänden, junge Leute linksradikalster Provenienz ein Bier nach dem anderen öffneten und dies so etwas wie eine kulturelle Brücke in jene Generationen anzeigte, die mit Zeitungen es eher nicht so haben? Könnte es, andererseits, ein gelungener Tag auch deshalb gewesen sein, weil Samstag morgens eine Runde von urgrünen Politiker*innen zusammenkam, Wilhelm Knabe und Eva Quistorp etwa, Leute, die sehr früh die Grünen auf europäische Perspektiven brachten und von nationalistischen Allüren immer frei bleiben wollten – und dies sehr viele taz-lab-Besucher*innen zuhörend interessierte, vielleicht auch der klugen Moderation des taz-Kollegen Pascal Beucker wegen?

Ulrike Guérot, Politikwissenschaftlerin, zur Zukunft der EU

Lag es also an alten und neuen Promis? Nein. Das Volxtümliche des taz lab schien offenbar gerade so greifbar, weil eben auch die eher (noch) Unbekannten teils glühendes Interesse entgegengebracht bekamen, etwa der Investigativ-Journalist Hannes Grassegger aus der Schweiz über das Campaigning wider den philanthropischen Mäzen George Soros? Oder Anett Selle, Christina Schmidt und Martin Kaul, die ihre taz-Projekte vorstellten, etwa auch ihre Recherchen zum „Hannibal“-Komplex?

Wahrscheinlich von allem etwas, als politisch-kulturelle Wachheitsformel unserer taz-Community: Respekt & Entschlossenheit. Wir werden diesen Tag vermissen!

Infos, Fotos, Notizen zu allen Aspekten ­des Tages: www.tazlab.de und www.taz.de

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