Mobil gefühlte Sicherheit

„Vor Ihrem Bett steht ein Mann, und der soll weg“: Polizeipräsident Eckard Mordhorst und Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) erklären die nächste Stufe ihrer Polizeireform. Bisherige Erfolge: Bremen-Nords Top Ten-Kriminelle wurden geschnappt

Bremen taz ■ Sollte Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) irgendwann doch einmal zurücktreten, dann nicht wegen Toter im Polizeigewahrsam, sondern weil die Acht-Minuten-Maxime nicht eingehalten wird. In dieser Frist muss jeder mögliche Einsatzort in Bremen von einem Streifenwagen erreicht werden, verspricht der Senator, „das ist die Latte, an der wir uns definitiv messen lassen“. Bremens Polizeigewerkschafts-Vorsitzender Horst Göbel hält das unter den derzeitigen Bedingungen für nicht erreichbar.

Hintergrund ist die vor einem knappen Jahr begonnene Umstrukturierung der Bremer Polizei: Etliche Wachen sind nachts nicht mehr besetzt, dafür wurden die Einsatzzüge der Polizei dezentralisiert. „Wir haben sie in die Fläche zurück gegeben“, wie Röwekamp sich ausdrückt. Als erste „Fläche“ wurde Bremen-Nord im November vergangenen Jahres mit dem 1. Zug der Bereitschaftspolizei beglückt, prompt habe sich dort ein eklatanter Krimininalitätsrückgang bemerkbar gemacht: Ein gutes Viertel weniger Raub und 51,8 Prozent weniger Wohnungseinbrüche. Außerdem habe man „viele auf der Top Ten-Liste der Tatverdächtigen stehenden Personen dingfest gemacht“, erklärt Röwekamp.

Das Delikt „Körperverletzungen allerdings hat trotzdem zugenommen“ – wofür Röwekamp eine einfache Erklärung hat: „Wenn man sich früher auf die Nase gehauen hat, ist man anschließend nach Hause gegangen.“ Je sichtbarer die Polizei aber sei, desto häufiger würde unmittelbar Anzeige erstattet. Dafür sollen unter anderem „rollende Reviere“ sorgen, die auf Wochenmärkten und dergleichen „die Produktpalette der Bremer Polizei“ (zum Beispiel Aufklärungsbroschüren zum Schutz vor Handtaschenräubern) anbieten.

Insgesamt gelte bei der Umstrukturierung: „Wir haben uns nicht an Revier-Schließzeiten orientiert, sondern an der Frage: Wie viele Streifenwagen braucht das Land“, macht Polizeipräsident Eckard Mordhorst klar. Wie viele hat es denn? 35 in Bremen-Stadt, dazu eine derzeit unbekannte Zahl in Bremerhaven (Röwekamp: „Anspruch hätten sie auf ein Fünftel“). In Bremen jedenfalls sind immer mindestens 20 im Einsatz – bald ausgestattet mit einem GPS-System, um ortbar zu sein.

Da die verringerten Öffnungszeiten durch mobile Präsenz ausgeglichen würde, sollen ab Oktober sieben weitere Reviere – unter anderem Steintor und Schwachhausen – nur noch von acht bis 20 Uhr geöffnet sein. Sonn- und Feiertags ist ganz dicht. Woran merkt der Bürger noch, dass eine Reform im Gange ist? Er soll eine neue Nummer wählen. Ab dem 1. Oktober seien sämtliche Reviere telefonisch unter 362-0 zu erreichen. Wem künftig „die Glocken zu laut läuten“, wie Mordhorst erläuterte, solle bitte diese Nummer wählen – und damit den nach wie vor bestehenden Notruf 110 entlasten.

In Bezug auf die teilweise massive Kritik bei Beginn der Reform, unter anderem von Seiten der Gewerkschaften, betont Röwekamp: „Wir haben bereits messbare Erfolge der regionalen Polizeiarbeit“. In wie weit das mit der gefühlten Sicherheitslage übereinstimmt, wird sich demnächst bei einer Bürgerbefragung zur Polizeireform im Bereich Bremen-Mitte erweisen.

HB