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„Influencern geht'snicht nur um Cremes“

In sozialen Netzwerken kann auch der politische Dialog angestoßen werden, sagt der Medienexperte Christoph Krachten

Christoph Krachten, 55, ist Medienschaffender. Er leitet die YouTube-Agentur United Creators, hat selber einen Kanal und ist Verleger für Jugendliteratur.

Interview Lilith Grull

Die 16-jährige Klimaaktivistin Greta Thurnberg erreicht allein auf Instagram 558.000 meist junge Menschen. Diese informieren sich heute vor allem über Social Media Plattformen.

taz: Influencer geben Schminktipps und zocken. Stimmt das noch?

Christoph Krachten: Nein, und das ist wohl eine der positivsten Entwicklungen im Internet. Influencer sprechen eben nicht mehr nur über Cremes und Shampoo. Sie können in ihrer Community auch einen politischen Dialog anstoßen. So können auch Minderjährige effektiv die politische Agenda prägen.

Am Freitag demonstrierten in Berlin beim Schulstreik etwa 20.000 fürs Klima. Wären es ohne den Einfluss sozialer Netzwerke weniger?

Ja, da es ein Protest aus der Jugend ist. Als ich in dem Alter war, hätte ich mich an die Erwachsenen wenden müssen, um so etwas zu starten. Letztlich hätte damals eine andere Generation die Jugend mobilisiert. Heute können sie das über YouTube und Instagram selber.

Vor zwei Wochen riefen Influencer zu Protesten gegen die geplante Urheberrechtsreform auf. Auch der Youtuber Simon Will, den Sie vertreten, machte mit. Sonst befasst er sich selten mit politischen Themen. Hat es ihm geschadet?

Die Urheberrechtsreform betrifft alleMedienschaffendenund Nutzer. Also auch ihn und seine Follower. Dieser Einsatz hat ihm nicht geschadet. Wenn er aber anfangen würde, Politik zu seinem Hauptthema zu machen und dabei Forderungen stellt, die nicht im Sinne seiner Community wären – dann wäre das sein Ruin.

Influencer sollten also ein klares Konzept haben, um erfolgreich zu sein. Wie stark nehmen Sie als Manager Einfluss auf Simon Wills Inhalte?

Gar nicht. Ein gutes Management gibt lediglich Ratschläge zu Dramaturgie, Technik und Qualität. Mehr können wir Alten auch nicht. Influencer wie Simon Will sind erfolgreich, weil sie wissen, was ihre Generation bewegt und genau das thematisieren. Auch wenn die Botschaften manchmal in einem Song, einer Polemik oder einem Schminktutorial mittransportiert werden. Nur Jugendliche können da Themenexperten sein. Die Zeit, in der eine alte Generation für die Jugend Programm macht, ist vorbei.

Revolutioniert sich das Netz?

Vielleicht kann man sagen, dass es Revolutionen durch das Internet gibt. Denn auch für andere Generationen ändert sich mit ihm der Konsum. Auch die ältere Generation ist nicht mehr nur zu netzpolitischen Themen in den sozialen Netzwerken unterwegs. Auch sie will unterhalten werden. Seit rund zehn Jahren läuft eine Demokratisierung im Internet. Die Medienkonzerne wurden als Türsteher verdrängt. Und es liegt an ihnen, die Influencer und ihre Plattformen als Chance, statt als Bedrohung wahrzunehmen und so auch effektiv generationsübergreifend zu erreichen.

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