Christian Rath Mitarbeiterin der Woche: Pamela Reif
Eigentlich ist das Leben der Fitness-Influencerin Pamela Reif eine Erfolgsgeschichte: ein Abi mit 1,0, bei Instagram hat sie vier Millionen Follower und sie kann ohne Pause 10 Minuten lang ihre Bauchmuskeln trainieren.
Doch jetzt hat die 22-Jährige am Landgericht Karlsruhe einen Prozess verloren und ihr Leben kippt ins Tragische. Denn das Urteil ist ungerecht und falsch. Wirklich.
Reif empfiehlt ihren Followern die neusten Kosmetikartikel, vegane Nussriegel und Chanel-Kleidung. Für manche Empfehlung wird sie bezahlt, dann kennzeichnet sie den Post als „bezahlte Partnerschaft“. Wenn sie aber für eine Empfehlung nicht bezahlt wird und das Produkt auch selbst gekauft hat, kennzeichnet sie die Empfehlung nicht. Das sei dann ja keine Werbung, sagt sie, sondern ihre persönliche Meinung.
Falsch, entschied nun das Landgericht Karlsruhe. Die Aufspaltung zwischen kommerziellen und privaten Posts sei künstlich. Eine Influencerin handele immer geschäftlich. Denn mit unentgeltlichen Posts pflege sie ihr Image und ihre Authentizität, was wiederum ihren Marktwert steigere. Deshalb müssen auch unentgeltliche Pulli-Empfehlungen als Werbung gekennzeichnet werden, so das Gericht, sonst wäre es verbotene Schleichwerbung.
Klingt auf den ersten Blick logisch. Ist es aber nicht. Denn das Gericht wirft Reif nun gar keine Schleichwerbung für Pullis vor, sondern Schleichwerbung für sich selbst. Doch ist das der Sinn des Schleichwerbungsverbots? Uns zu warnen, dass unentgeltliche Pulli-Empfehlungen für das Image einer Influencerin nützlich sind?
Und was wäre, wenn Pamela Reif erklärt: „Der Chanel-Pulli ist zwar sehr chic, aber er kratzt.“ Noch mehr Authentizität! Noch mehr Marktwert! Das müsste also auch als Werbung gekennzeichnet werden. Ebenso wenn Pamela Reif sich für Energiesparen und gegen Sklaverei ausspricht. Das bringt neue Facetten in ihr Image und erweitert die Fanbase. So gesehen wäre ihr ganzes Leben eine Dauerwerbesendung für sich selbst – jedenfalls wenn es bei Instagram präsentiert wird.
Natürlich wird Reif Rechtsmittel einlegen. Dass sie Ausdauer hat, zeigen zahllose YouTube-Videos. Spätestens der Europäische Gerichtshof wird dann für eine vernünftige und verständliche Werbekennzeichnung sorgen. Am Ende hätte Pamela Reif sich auch noch um das Wettbewerbsrecht verdient gemacht.
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